Veröffentlicht: 15. Dezember 2017 – Letzte Aktualisierung: 5. Juni 2023
Manches an Star Wars erinnert sehr an das Imperium Romanum. Werfen wir also einen Blick auf verschiedene Aspekte, die Star Wars-Schöpfer George Lucas bei den Episoden I-VI aus der römischen Geschichte entlehnt hat, wobei die Umwandlung einer Republik in eine Monarchie oder Diktatur im Vordergrund steht.
Parallelen zwischen Star Wars und dem Römischen Reich
Octavian/Augustus und Imperator Palpatine
In beiden Fällen geht es um eine von einem Senat regierte altehrwürdige Republik, die etwas in die Jahre gekommen ist und sich in einer Krise befindet. In beiden Fällen findet sich ein Mann, dem es im Rahmen eines Bürgerkrieges gelingt, mit Hilfe von Sonderbefugnissen die Alleinherrschaft an sich zu reißen, wobei es natürlich kein Zufall ist, dass die neue Herrschaftsform bei Star Wars ein von einem Imperator geleitetes Imperium ist. Sowohl Octavian/Augustus als auch Palpatine propagieren nach außen hin eine gewisse Bescheidenheit, was bei Palpatine, hinter dem sich der Sith-Lord Darth Sidious verbirgt, anders als beim ersten römischen Princeps in dem Moment endet, in dem er endlich die Maske fallen lassen kann.
Wie Octavian/Augustus Agrippa als starker rechter Arm zur Verfügung steht, greift Palpatine diesbezüglich jahrelang auf Darth Vader zurück. Lässt man das zweite „p“ bei seinem Namen weg, bleibt „Palatine“, die englische Schreibweise für den Palatin (mons Palatinus), einen der sieben Hügel Roms, auf dem seit augusteischer Zeit die kaiserlichen Palastanlagen errichtet wurden. Der Althistoriker Tony Keen merkt diesbezüglich außerdem an, dass Palpatine akustisch an die englischen Versionen kaiserlicher Namen wie Constantine erinnert, was er in einen größeren Kontext von pseudo-lateinischen Namen im Star Wars-Universum einordnet.1
Es mag Zufall sein, aber auch der Kleidungsstil des Imperators Palpatine/Darth Sidous erinnert an die Darstellungen des Augustus als ponitifex maximus (oberster Priester).
Von Caesars Ermordung zur Alleinherrschaft des Augustus
Im Audiokommentar zu Episode III: Revenge of the Sith2 erklärt George Lucas, dass ihn in Bezug auf Rom besonders die Frage interessiert habe, wie es dazu kommen konnte, dass der Senat zuerst den eine Alleinherrschaft anstrebenden Gaius Julius Caesar tötete, um die Republik dann doch an dessen Großneffen Octavian zu übergeben, der diese in eine Monarchie bzw. in ein Kaiserreich umwandelte.3
Adolf Hitler und der Nationalsozialismus
Octavian/Augustus ist allerdings sicherlich nicht die alleinige Vorlage für den Imperator, kann man doch auch Parallelen zur Weimarer Republik und Adolf Hitler ziehen, was unter anderem deshalb naheliegt, weil der republikanische Senat von einem Kanzler (chancelor) geleitet wird.4
George Lucas ließ sich außerdem laut eigener Aussage durch Filme, die Luftschlachten des Zweiten Weltkrieges zeigten, für seine Weltraumgefechte inspirieren. Auch der Begriff Stormtrooper sowie der Helm Darth Vaders spielen auf die Wehrmacht sowie die Sturmabteilung (SA) an, wobei bei der optischen Gestaltung der Rüstung des Sith-Lords auch Samurai eine Rolle gespielt haben.
Stellvertretend für weitere Bezüge zum Nationalsozialismus schließen wir an dieser Stelle mit der Ähnlichkeit zwischen dem „Tausendjährigen Reich“ der Nationalsozialisten und den 10.000 Jahren, die laut Palpatine das Galaktische Imperium Bestand haben soll.5
Der Wandel von der Demokratie zur Monarchie/Diktatur
Im bereits oben angesprochenen Audiokommentar zu Revenge of the Sith erklärt George Lucas, dass ihn außerdem Napoleon und Richard Nixon zu Star Wars inspiriert hätten.6
Grundsätzlich stand dabei für ihn die Frage im Vordergrund, wie sich Demokratien von innen heraus einem Tyrannen ausliefern, ohne dass der Wandel zur Diktatur auf einen Staatsstreich oder eine Eroberung durch eine auswärtige Macht zurückzuführen ist. Im Audiokommentar zu Episode II – Attack of the Clones äußert Lucas ähnliche Gedanken über Demokratien, die aufgrund von Krisensituationen ihre Freiheit aufgeben und Befugnisse auf Einzelpersonen übertragen, wobei er in diesem Kontext auch Politiker*innen anspricht, die Kriege vom Zaun brechen, um sich länger im Amt halten zu können.7
Napoleon
So habe man während der Französischen Revolution das Königtum durch eine Demokratie ersetzt, um dann Napoleon zum Kaiser zu erklären und dadurch wieder zur Monarchie zurückzukehren. Eine Parallele sieht Tony Keen beispielsweise in der Einführung einer Garde Impériale, die man mit der Garde Palpatines (Emperor’s Royal Guard; Imperial Guard) in Verbindung setzen kann.8
Richard Nixon
In Bezug auf Richard Nixon sagt Lucas, dass gerade der Vietnamkrieg geherrscht habe, als er sich erste Gedanken zu Star Wars machte, und Nixon die Verfassung habe ändern wollen, um für eine dritte Amtszeit kandidieren zu können.9
Die Abschaffung der Republik in Star Wars
Vor diesem Hintergrund ist auch ein Gespräch zwischen Anakin Skywalker und Padmé Amidala in Attack of the Clones zu verstehen, in dem Anakin Zweifel am politischen System der Republik äußerst und sich eine Autoritätsperson wünscht, die für Ordnung sorgt. Amidala lehnt diese Gedanken ab, da sie Assoziationen mit einer Diktatur bei ihr wecken.10
Bezeichnend ist im selben Film auch die Szene im galaktischen Senat, in der Senator Jar Jar Binks Notstandsbefugnisse für Kanzler Palpatine beantragt. Letzterer nimmt die ihm verliehenen Vollmachten zum Schein nur widerwillig an und verspricht, sie wieder niederzulegen, sobald die Gefahr gebannt sei, was er natürlich nicht wirklich einzuhalten gedenkt.11
In Bezug darauf, dass Demokratien sich gelegentlich selbst abschaffen, sei noch an die vom Senat gefeierte Umwandlung der Republik in das erste Galaktische Imperium erinnert, die Senatorin Padmé Amidala in Revenge of the Sith mit den folgenden Worten kommentiert:
So this is how liberty dies – with thunderous applause. (01:36:18-01:36:24)
Ein galaktisches Imperium Romanum
Als Episode IV: A New Hope 1977 in die Kinos kam, war es keineswegs ein neuer Gedanke, das Imperium Romanum auf ein galaktisches Imperium zu übertragen. So vermutet Isaac Asimov in einer seiner zahlreichen Monographien, dass George Lucas dies von seinem 1942 begonnenen Foundation-Zyklus entliehen habe, der sich seinerseits am Untergang des Römischen Reiches orientierte.12
Auch wenn Isaac Asimov damit vermutlich Recht haben dürfte, hat George Lucas den Gedanken sicherlich weiterentwickelt, indem er seinen Fokus eben nicht auf das Ende des Imperium Romanum legte, sondern auf den Wandel von einer Republik zu einer Monarchie.
Großmoff Tarkin und Pompeius Magnus
Übrigens weist der Großmoff Tarkin interessante Ähnlichkeiten zum römischen Feldherren Pompeius auf, wie Roman Haenßgen an anderer Stelle auf unserem Blog aufzeigt.
Schlussgedanken
Wie wir gesehen haben, hat sich George Lucas bei seiner Umwandlung der Republik in ein Galaktisches Imperium von mehreren Quellen inspirieren lassen. Dabei stellen Bezüge zum Römischen Reich definitiv einen sehr wichtigen Baustein dar. So zeigt sich wieder einmal, dass es ohne Zweifel zu den besonderen Stärken des George Lucas zählt, vielerlei ältere Traditionen derart miteinander zu verknüpfen, dass eine überzeugende neue Geschichte daraus entsteht.
Literatur
Tony Keen: I, Sidious. Historical Dictators and Senator Palpatine’s Rise to Power, in: Nancy R. Reagin/Janice Liedl (Hgg.): Star Wars and History, Hoboken, NJ 2012, 125-149.
Martin M. Winkler: Star Wars and the Roman Empire, in: Classical Myth and Culture in the Cinema, Oxford 2001, 272-290.
- Römische Blutsauger: Tote beißen nicht (Libri I-III) - 29. November 2024
- Die Bibliothek von Alexandria in „The Atlas Six“ - 28. Oktober 2024
- [Fantastische Antike – Der Podcast] Progressive Phantastik - 21. September 2024
Anmerkungen
- Vgl. Keen (2012), 131.
- 00:38:01-00:38:11.
- Auch im Audiokommentar zu Episode II: Attack of the Clones bezieht sich Lucas im selben Kontext kurz auf Caesar (01:34:30).
- Im Audiokommentar zu Episode II: Attack of the Clones nennt Lucas neben Caesar und Napoleon explizit Adolf Hitler als historische Vorlage für die Umwandlung von Demokratien in Monarchien oder Diktaturen (01:34:34).
- Vgl. hierzu und zu weiteren Parallelen zu Hitler Keen (2012), 142-149.
- 00:37:31-00:39:02.
- 01:34:19-01:34:55.
- Vgl. Keen (2012), 140.
- Letzteres scheint nicht zu stimmen. Ich konnte keine Belege dafür finden, dass Richard Nixon von sich aus eine Verfassungsänderung anstrebte, um sich so eine dritte Amtszeit ermöglichen zu können. Grundsätzlich gibt es allerdings durchaus immer wieder Diskussionen über die Möglichkeit einer dritten Amtszeit für Präsidenten – z.B. in Bezug auf Ronald Reagan -, sodass es sein könnte, dass Lucas da in der Rückschau verschiedene Dinge irrtümlich miteinander vermischte. Nichtsdestotrotz kommt Lucas auch in diesem Interview auf eine dritte Amtszeit Nixons zu sprechen.
- 00:48:36-00:49:10.
- 01:33:44-01:35:07.
- Vgl. Isaac Asimov: I. Asimov. A Memoir, New York u.a. 1995, 232.
Ein sehr interessanter Artikel 🙂
Ließe sich nicht auch für die Jugend der Vergleich ziehen, das Octavian von Gaius Julius adoptiert und als Nachfolger aufgebaut wurde? Nachdem Sheev Palpatine seinen Vater getötet hatte, wurde er auch von Darth Plagueis aufgenommen (im Vergleich zu adoptiert) und in den Wegen der dunklen Seite als Schüler (Nachfolger als Meister der Sith) unterwiesen. Ich finde sehr spannend, wie viele Parallelen sich finden lassen. Nicht zuletzt der Umstand, das Darth Sidious lieber im Hintergrund steht und andere die Schlachten schlagen lässt… immerhin hat er sich, nicht wie Oktavian, in einem Sumpf verirrt… 😛
Wobei ich dem Vergleich von Agrippa zu Darth Vader noch Großmoff Wilhuff Tarkin hinzufügen würde, der ja letzten Endes die Doktrin der Abschreckung (Tarkin-Doktrin, how convenient) für das Imperium entworfen und als Palpatines Stratege verantwortlich für den Bau des Todessterns war. Somit würden Tarkin und Vader sich die Rolle des Agrippa, zumindest in dem Zeitraum bis zur Schlacht von Yavin IV, teilen.
Es hat was zu sagen, dass Octavian von Julius Caesar mit der dunklen Seite der Macht vertraut gemacht wurde 😉
Stimmt, Tarkin kann man da noch mithineinnehmen.