Veröffentlicht: 17. November 2021 – Letzte Aktualisierung: 20. März 2022
Zwischen Fernsehen und Museum: Benjamin Stöwe:
Benjamin Stöwe ist ein 1983 geborener Synchronsprecher und Fernsehjournalist, der den meisten Menschen als Wettermoderator beim ZDF-Morgenmagazin bekannt sein dürfte. Star Trek-Fans verbinden mit seinem Namen jedoch wesentlich mehr. Denn nachdem Benjamin bereits 2013 in der deutschen Synchronisation des zwölften Star Trek-Films ‚Into Darkness‘ in die Rolle des Derius geschlüpft ist, spricht er seit 2017 den Schiffsarzt Dr. Hugh Culber (Wilson Cruz) in der Serie ‚Star Trek: Discovery‘.
Da er nicht nur beruflich mit Star Trek zu tun hat, sondern auch selbst ein riesiger Fan ist, ist Benjamin ein äußerst beliebter Gast auf Conventions, was dazu führte, dass er 2021 als einer der drei Moderator*innen der FedCon 29 auf der Bühne stand und dort – wie schon 2019 – auch mehrere sehr gut besuchte Panels angeboten hat.
Doch gibt es da noch eine – im wahrsten Sinne des Wortes – kleine Besonderheit. Benjamin Stöwe hat nämlich in seinem Keller in Eberswalde das wohl kleinste Star Trek-Museum der Welt eingerichtet, das in Anlehnung an die Registriernummer der USS Enterprise, NCC-1701, auf gerade mal 17,01 Quadratmetern seinen Platz findet.
Die Kombination aus ‚Star Trek‘ und ‚Museum‘ schreit natürlich geradezu nach einem Interview auf fantastischeantike.de, weshalb ich mich super gefreut habe, dass Benjamin sich die Zeit dafür genommen hat. Begeben wir uns also auf eine kleine Tour durch das 1701-Museum im Raumschiff Eberswalde!
Am Anfang war das Sammelbild
Michael: Benjamin, Du hast Deine Star Trek-Sammlung erstmals 2009 öffentlich zugänglich gemacht, wobei sie zuerst im Eberswalder Stadtmuseum und dann in der Deutschen Raumfahrtausstellung in Morgenröthe-Rautenkranz zu bewundern war. Kannst Du Dich daran erinnern, wann Du mit dem Sammeln angefangen hast?
Benjamin: Ich kann mich daran erinnern, dass mich Star Trek schon früh fasziniert hat. Der Weltraum, ein Raumschiff, ferne Welten, die Zukunft. Das fand ich spannend, dem wollte ich nah sein. Also habe ich begonnen Dinge zu diesen Themen zusammenzutragen oder selbst zu basteln. Offizielle Fanartikel hatten Seltenheitswert. Und das erste mit offiziellem Logo drauf, was ich Anfang der 1990er in Eberswalde entdeckt habe, waren Kaugummis mit Sammelbildern. Rückblickend hat damit meine Sammlung begonnen. Und mit den Star-Trek-Hörspielkassetten, durch die mein Interesse für die Synchronisation geweckt wurde.
Jedes Stück ein kleines Highlight
Michael: Hast Du noch einen Überblick darüber, wie viele Einzelstücke sich im 1701-Museum befinden? Und gibt es Stücke, die Dir besonders viel bedeuten?
Benjamin: Es sind natürlich exakt 1701 Stücke, haha. Aber nein, eine genaue Zahl habe ich nicht. Es sind sehr viele und ich mag sie alle, in der Summe ergeben sie ein dreidimensionales Wimmelbild des Star-Trek-Universums. Denn um einzelne Exponate wirklich herauszustellen, ist das 1701-Museum zu kompakt, aber gerade das finde ich reizvoll. So ist es für Gäste eine wirkliche Entdeckungsreise in den Star-Trek-Kosmos, bei der sich durch wechselnde Blickwinkel immer neue Eindrücke ergeben und andere Exponate sichtbar werden. Spannend ist auch, dass das Besondere dabei im Auge des Betrachters liegt. Ob Brent Spiners gelbe Kontaktlinsen für seine Rolle als Data aus „Der erste Kontakt“ oder ein bajoranisches Kostüm aus „Deep Space Nine“, jedes Stück im 1701-Museum ist für mich auf seine Art besonders, sonst wäre es nicht da.
Die Idee zum 1701-Museum
Michael: Jetzt ist es eine Sache, Star Trek-Artikel und Erinnerungsstücke zu sammeln. Sie öffentlich auszustellen, geht einen deutlichen Schritt weiter. Wie ist es ursprünglich dazu gekommen? Wurde die Idee dazu von außen an Dich herangetragen oder ist die erste Ausstellung auf Deine eigene Initiative zurückzuführen?
Benjamin: Das war meine Initiative, Ende 2008. Die Sammlung stand gut verpackt im Keller und ich wusste, entweder passiert jetzt was mit den Dingen, oder unsere Wege trennen sich. Aus damaliger Perspektive ideal war die Konstellation, die sich 2009 ergeben hat: 45 Jahre nach dem ersten Star-Trek-Drehtag sollte ein neuer Kinofilm erscheinen, außerdem hatte die Unesco 2009 zum „internationalen Jahr der Astronomie“ erklärt und die erste bemannte Mondlandung jährte sich zum 40. Mal. Das waren die Argumente für eine Star-Trek-Ausstellung in meiner Mail ans Eberswalder Stadtmuseum. Alles ergänzt um eine lokale Zukunftsperspektive, die Entwicklung von Eberswalde bis in die Zeit von Star Trek. Die Antwort kam prompt: „Wir sollten das Projekt angehen“. Für diese Antwort bin ich bis heute sehr dankbar, denn damit fing alles an und aus meiner Sammlung wurde eine Ausstellung.
Ein Star Trek-Museum im eigenen Keller
Michael: Am 09. Mai 2013 bist Du dann wiederum einen Schritt weitergegangen und hast mit dem 1701-Museum Deine eigene kleine Dauerausstellung eröffnet, die man seit September 2020 auch virtuell besuchen kann. Was hat Dich dazu bewogen, im eigenen Keller ein Museum einzurichten?
Benjamin: Nach den zwei Ausstellungsstationen in Eberswalde und Morgenröthe-Rautenkranz fand sich kein weiterer Ort, die Exponate landeten wieder im Keller. Wiederum gut verpackt, aber auch für niemanden wirklich zugänglich. So entstand die Idee den Lagerort selbst zum Museum zu machen. Treffenderweise ist der Hauptraum 17,01 Quadratmeter groß, der Name ergab sich dann von selbst: 1701-Museum – inspiriert von der Kennung des Raumschiffs Enterprise, NCC-1701.
Michael: Habe ich richtig verstanden, dass Du den Keller auch gelegentlich als normalen Keller nutzt, die Ausstellung also nicht immer aufgebaut ist?
Benjamin: Der Keller ist immer ein normaler Keller. Dort trocknet Wäsche auf der Leine, dort stehen Fahrräder und andere Dinge, die in einen Keller kommen. Allerdings ist er eben auch ein Star-Trek-Museum. Vor der Pandemie war mehrfach im Jahr Star-Trek-Tag, teilweise mit über 100 Gästen an einem Wochenende. Dann verzichten alle Anwohner auf die Nutzung des Kellers und er verwandelt sich ins Raumschiff Eberswalde.
Die Konzeption der Ausstellung
Michael: Ein Museum eröffnet man nicht jeden Tag. Wie bist Du da vorgegangen? Hast Du intuitiv entschieden, welches Objekt an welcher Stelle ausgestellt wird oder hat das zum Teil schlichtweg der begrenzte Raum vorgegeben? Konntest Du auf Erfahrungen von den vorherigen Ausstellungen zurückgreifen, was Ausstellungskonzeption usw. angeht?
Benjamin: Museum ist ein großes Wort, mindestens ein Augenzwinkern muss man sich beim 1701-Museum schon dazu denken, dem „vielleicht kleinsten Star-Trek-Museum des Universums“. Die Herausforderung, das ganze Star-Trek-Universum so komprimiert zu zeigen, war groß. Vor allem, nachdem an den vorherigen Standorten der Ausstellung deutlich mehr Platz zur Verfügung stand, 2009 sogar Räume über zwei Etagen und ein hohes Dachgeschoss. Aber der Reiz des Kellers liegt in seiner Abgeschiedenheit vom Alltag. Es gibt keine Fenster mit direktem Tageslicht und es ist immer kühl, folglich kann man sich hier schnell wie in einem Raumschiff fühlen. Die Gestaltung ergab sich aus der Produktionschronologie und dem zur Verfügung stehenden Platz. Dabei sind Exponate teilweise schwebend im Raum arrangiert, vor-, hinter-, über- und untereinander. Deshalb gibt es auch keine Beschriftung. Die Ausstellung setzt auf die Kenntnis der Gäste oder eben ihre Kommunikationsfähigkeit. Das verbindet auf ganz besondere Weise selbst Fremde. Schließlich bringt der Austausch über Star Trek doch den größten Spaß, und das klappt im 1701-Museum sehr gut.
Die Crew des Raumschiffs Eberswalde
Michael: Der Eintritt zum Museum ist kostenfrei. Du bittest lediglich um Spenden für das Eberswalder Kinder- und Jugendtheater Waggon-Komödianten. Du veranstaltest im Museum gelegentlich auch kleinere Conventions, bei denen zum Beispiel Synchronsprecher*innen und Schauspier*innen auftreten. Auch hier wird kein Eintritt verlangt, wobei das Los entscheidet, wer ein Ticket erhält. Stemmst Du das alles allein oder gibt es Menschen, die Dich bei Organisation und Durchführung unterstützen?
Benjamin: Je nach Vorhaben sind verschiedene Partner*innen beteiligt, wie zuletzt zum Beispiel bei der Produktion vom „Logbuch der Zukunft“ und der 1701Live-Reihe zum 55. Geburtstag von Star Trek. Immer an meiner Seite ist meine Familie.
Die Qual der Wahl
Michael: Nachdem ich einen virtuellen Rundgang durch das 1701-Museum gemacht habe, würde ich äußerst grob zusammenfassen, dass dort viel Spannendes zu den Filmen und Serien sowie den damit verbundenen Menschen und Geschichten zu sehen ist. Außerdem hast Du eine kleine Rubrik zum Thema ‚Mensch und Weltraum‘, die z.B. ein Photo der Himmelscheibe von Nebra beinhaltet. Du behandelst also sowohl die Star Trek-Historie als auch – zumindest am Rande – die Geschichte der Raumfahrt. Nun kommen gerade immer mehr Star Trek-Serien auf den Markt. Befürchtest Du, irgendwann ein Platzproblem zu bekommen? Nach welchen Auswahlkriterien gehst Du bei Neuanschaffungen vor?
Benjamin: Neuanschaffungen müssen sehr klein sein, haha. Alles in allem bin ich sehr zufrieden, wie die Star-Trek-Geschichte Hand in Hand mit der realen Produktions- und auch Raumfahrtgeschichte im 1701-Museum abgebildet wird. Und für mich beruhigend ist, dass die neuen Serien überwiegend Lücken in der Star-Trek-Geschichte schließen. Ganz praktisch bedeutet das, dass es zum Beispiel für Prodigy keine eigene, neue Vitrine geben wird, sondern in Anknüpfung der Serie an Voyager auch im 1701-Museum Prodigy im Voyager-Bereich zu finden sein wird.
Quo vadis, 1701-Museum?
Michael: Inklusive der Ausstellungen, die vor der Eröffnung des eigenen Museums stattfanden, haben mittlerweile mehr als 60.000 Menschen Deine Sammlung angesehen. Das 1701-Museum war vor der Corona-Epidemie natürlich nicht durchgehend eröffnet, sondern nur zu bestimmten Tagen. Wie stellst Du Dir im Moment die Zukunft vor? Möchtest Du, wenn es die Umstände wieder erlauben, weiterhin ein ähnliches Programm anbieten wie bisher?
Benjamin: Neben dem virtuellen 1701-Museum sind Livestreams ein weiterer Weg gewesen, trotz Pandemie vielen Menschen den Zugang zum Raumschiff Eberswalde zu ermöglichen. Ich hoffe, dass der „normale“ Museumsbetrieb an Star-Trek-Tagen ab Frühjahr 2022 wieder aufgenommen werden kann. Und perspektivisch wird das 1701-Museum vielleicht doch nochmal auf Reisen gehen. Auch eine permantene Ausstellung in einem etwas größeren Museum hätte ihren Reiz.
Persönliches Feedback
Michael: Bekommst Du viel persönliches Feedback für Dein großes Engagement? Gibt es Rückmeldungen, über die Du Dich besonders freust oder die Dir besonders nahe gehen?
Benjamin: Ja, gerade während der Pandemie gab es viel Feedback. Und ein Blick ins Gästebuch kann bei mir durchaus Gänsehaut auslösen, wenn ich lese, was den Menschen dieser Ort bedeutet. Ein Gast hat das 1701-Museum sogar als „safe space“ bezeichnet. Darüber freue ich mich sehr. Es bestätigt ein altes Sprichwort: geteilte Freude ist doppelte Freude.
Live long and prosper!
Michael: Vielen Dank dafür, dass Du Dir Zeit für uns genommen und uns dieses wirklich großartige Projekt vorgestellt hast!
Benjamin: Sehr gerne, hoffentlich auf bald in Eberswalde!
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