Veröffentlicht: 16. April 2021 – Letzte Aktualisierung: 20. September 2022
Vor kurzem hat Celine Derikartz uns an dieser Stelle Einblicke in Antike Jenseitsvorstellungen in Dystopien und Endzeit-Szenarien gegeben. Der vorliegende Beitrag möchte darauf aufbauend mit dem Film Gladiator und dem Computerspiel Assassin’s Creed Odyssey nun zwei weitere Beispiele behandeln, die das Elysium direkt rezipieren.
Das Elysium als ländliches Idyll in „Gladiator“
„Und wer sich wiederfindet über grüne Wiesen reitend die Sonne im Gesicht, sollte nicht verwundert sein, denn er ist im Elysium und ist bereits tot.“[1]
Mit dieser Ansprache an seine Soldaten beschreibt Maximus, der Protagonist in Gladiator, das Elysium: Als ländliches Idyll und Ort der Sehnsucht. Nachdem Maximus die Ermordung seiner Familie durch Kaiser Commodus nicht verhindern konnte, wird der Wunsch nach Rache zu seinem größten Antrieb. Gleichzeitig sehnt er sich nach dem ruhigen Landleben im Elysium bei seiner Frau und seinem Sohn, das ihn nach seinem Tod erwartet. Im Laufe des Films erscheinen Maximus daher immer, wenn er dem Tode nahe steht, Visionen seines Hofes und seiner Familie. Eine solche Wiedervereinigung im Jenseits zieht Maximus nie in Zweifel und schöpft Kraft aus der Aussicht auf ein baldiges Wiedersehen. Schließlich zeichnet der Film Maximus als gläubigen Mann, der zu den Göttern und seinen Ahnen betet.
Das Elysium als Anfang und Ende
Das Elysium ist für Maximus die Fortsetzung seines „einfachen Lebens“ als Ackerbauer und erscheint fast als vorgezeichneter Weg, auf den seine Existenz hinausläuft. In einem ländlichen Idyll hat sein Leben begonnen und wird dort konsequenterweise auch enden. Der Film präsentiert das Elysium dennoch auch mit einer starken modernen christlichen Interpretation und macht es mit dem christlichen Paradies vergleichbar. Dies ermöglicht es dem Zuschauer, die Motivation des Maximus leichter nachvollziehen zu können und sich mit ihm zu identifizieren. Maximus ist zwar selbst kein Christ, aber seine Vorstellungen sind dennoch identisch mit denen des Christentums. Die römische Religion dient im Film somit lediglich als Beweis für eine grundsätzliche Religiosität des Protagonisten und macht eine Christianisierung des Helden im Laufe der Handlung nicht zwingend erforderlich – anders als in den meisten Antikenfilmen. Maximus steht durch die Christianisierung des Elysiums bereits nicht mehr im Konflikt zur christlichen Vorstellungswelt.
Assassin’s Creed: Odyssey – Die elysischen Gefilde
Oft wurden auf fantastischeantike.de bereits Elemente aus dem 2018 erschienenen Assassin’s Creed: Odyssey besprochen. Zuletzt von etwa von Jan Joerißen. Unser heutiger Artikel widmet sich neben dem Film Gladiator auch dem zweiten DLC des Computerspiels mit dem Titel Das Schicksal von Atlantis. Genauer: Der ersten der drei Teilepisoden, welche den Namen die Die elysischen Gefilde trägt und am 23.4.2019 veröffentlicht wurde.
You cannot simply walk into the Elysium
Bevor die Spieler_innen jedoch über die besagten elysischen Gefilde reiten können, die Sonne im Gesicht, müssen sie zunächst den versperrten Weg dorthin öffnen. Dieser wurde einst von den untergegangenen Isu angelegt. Vier Wachen schützen den Weg. Denn nur wer den Minotaurus, einen Zyklopen und die Medusa erschlägt und anschließend das Rätsel der Sphinx löst, kann die vier Artefakte zum Schlüssel zusammensetzen und das Tor nach Atlantis öffnen. Hier befindet sich der Zugang zum Elysium.[2]
Nur auf den ersten Blick ein Idyll
Das Elysium besteht aus einem Meer von Blumen, Flüssen, Seen, Dörfern, malerische Ruinen und fantasievollen Neuverbindungen klassisch griechischer Architekturelemente. Die Bewohner flanieren und feiern in ihrer idyllischen Umgebung. Selten gehen sie dabei einer körperlichen Arbeit nach. Doch der Schein trügt …
Die mythischen Bewohner_innen des Elysiums
Im Elysium treffen wir auf drei griechische Gött_innen, welche im Assassin’s Creed-Universum einer hochtechnologischen Vorgänger-Zivilisation angehören. (Wessen Tricorder bei diesem Szenario ausschlägt, sollte sich diesen Artikel von Michael Kleu aus dem Star Trek Universum ansehen).
Paradiesisches Elysium? – Liebeschaos und Rebellion
Persephone
Das Spiel zeichnet Persephone als eine Figur, die sich damit abgefunden hat in der Unterwelt gefangen zu sein. Gleichzeitig hat sie sich mit dem Elysium ein eigenes Reich geschaffen, in dem sie unabhängig von ihrem Gatten Hades regiert.
In der Mythologie wurde Persephone von Hades in die Unterwelt entführt. Ihre Mutter Demeter, die Göttin der Fruchtbarkeit, vernachlässigte daraufhin vor Kummer ihre Aufgaben als Erntegöttin. Sie verhinderte, dass die Pflanzen blühten und die Saat aufging. Um das Ende des Lebens auf der Erde durch den drohenden Hunger zu verhindern, vermittelte der Göttervater Zeus: Drei Viertel des Jahres durfte Persephone fortan wieder bei ihrer Mutter Demeter verbringen und sie im Frühling, Sommer und Herbst bei ihren Aufgaben unterstützen. Mit Persephone kehrt die Wärme zurück und die Natur wächst und gedeiht zu diesen Jahreszeiten. Deshalb gilt sie auch als Göttin des Frühlings. Den Winter muss Persephone allerdings wieder mit Hades in der Unterwelt verbringen und die trauernde Demeter zurücklassen, die sehnlichst auf den nächsten Frühling wartet.
Im Spiel kompensiert Persephone ihre eigene Ohnmacht über die fehlende Möglichkeit einer Heimkehr zu ihrer Mutter durch den Wunsch der absoluten Kontrolle über das Elysium und dessen Bewohner_innen. Obgleich selbst eine Gefangene, hält sie dennoch Menschen gegen deren Willen im Elysium fest. Dies führt zu einer offenen Rebellion einiger Bewohner gegen ihre Herrschaft.
Hermes Trismegistos
Die Spieler_innen treffen früher oder später auch auf Hermes, den treuesten Gefolgsmann der Persephone. Er liebt sie und versucht alles, um ihre Zuneigung zu gewinnen. Darüber hinaus ist er ein begabter Handwerker und Erfinder.
In der Mythologie ist Hermes unter anderem der Gott, welcher die Seelen der Verstorbenen in die Unterwelt geleitet. Bei der Sonderform des Hermes Trismegistos handelt es sich um eine synkretistische Verschmelzung des Gottes Thot aus der ägyptischen Mythologie mit dem griechischen Hermes. Da Thot auch ein großer Erfinder ist, ist es nur folgerichtig, auch Hermes Trismegistos mit diesen Eigenschaften zu präsentieren.
Hekate
Hekate ist, wie in der mythologischen Vorlage, Persephones Begleiterin in der Unterwelt. In Hesiods Theogonie ist Hekate eine sehr menschenfreundliche Gottheit. Im Spiel verfolgt sie allerdings durchaus ihre eigenen Ziele im Konflikt zwischen den Menschen und ihrer göttlichen Freundin.
Adonis
Adonis führt die Rebellion der Menschen gegen Persephone an, da diese ihn – aufgrund seiner unerwiderten Liebe – gegen seinen Willen im Elysium festhält und so von seiner großen Liebe Aphrodite fernhält. Das Liebesdreieck aus Persephone, Aphrodite und Adonis findet sich auch in der Mythologie wieder. Dort verfügt Zeus schließlich, dass Adonis ein Drittel seiner Zeit bei Aphrodite und ein weiteres Drittel bei Persephone verbringen muss. Nur über das letzte Drittel seiner Zeit darf Adonis frei verfügen.
Die Qual des Erinnerns (Wasser der Lethe)
In einer Nebenmission werden das Wasser der Lethe und seine besonderen Fähigkeiten prominent behandelt. Die Lethe ist ein Fluss in der griechischen Unterwelt. Die Toten trinken aus ihm und vergessen alle Qualen und Freuden ihres früheren Lebens. Dadurch verlieren sie ihre Identität, sind aber in der Lage die Ewigkeit zu ertragen.
Fazit – Das Elysium und seine Darstellungen zwischen Idyll und Illusion
In Gladiator tritt die Vorstellung vom Elysium als pure Jenseits-Vorstellung in starker christlicher Tradition auf und fungiert abgekoppelt von der zugrundeliegenden Mythologie. Die Entwickler_innen des Spiels Assassin’s Creed Odyssey haben sich allerdings sichtlich mit der Mythologie auseinandergesetzt und greifen viele mythologische Aspekte auf. Besonders erfreulich ist, dass neben den mythologischen Figuren im Elysium und auch in der nächsten Spielwelt, dem Hades, historische Persönlichkeiten und Ereignisse aufgegriffen werden. Denn aus der Vorstellung von antiken Gläubigen ist dies selbstverständlich, da es keine klare Trennung zwischen historischen und mythischen Ereignissen gibt.
Anmerkungen
Fußnoten
[1] Gladiator (2000).
[2] Das Spiel bietet auch eine Abkürzung an, mit der man die Inhalte des DLCs direkt starten kann. Wer sich aber davor drückt auf den Spuren der mythischen Helden zu wandeln, um sich so den Zugang zu öffnen, verstößt eindeutig gegen die Aufnahmeregeln des Elysiums und müsste eigentlich direkt in das Totenreich der zweiten Episode verbannt werden.
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