Veröffentlicht: 5. Januar 2020 – Letzte Aktualisierung: 21. September 2022
Einleitung
GoT in der modernen Populärkultur
Die Bücher von George R.R. Martin und die nach dem ersten Roman der Reihe benannte TV Show von HBO waren in den letzten Jahren kaum zu umgehen. Trotz des bitteren Nachgeschmacks der meisten Fans zur letzten Staffel der Serie dürfte jeder, der halbwegs an den Bereichen Geschichte, Fantasy oder aufwendigen und plotgeladenen Serien interessiert ist, mittlerweile zumindest eine Folge der Serie gesehen haben.
An dieser Stelle möchte ich einen Kommentar der Sunday Times zu J.R.R. Tolkiens literarischem Werk auf Game of Thrones übertragen: „The English-speaking world is divided into those who have read The Hobbit and The Lord of the Rings and those who are going to read them“. Ergänzt man hier das Wort read um das Wort see, wird der Kommentar in Anbetracht des kulturellen Phänomens, das GoT darstellte, umso wirkvoller.
Warum verwende ich gerade in einem Artikel über Game of Thrones einen Kommentar zum Schöpfer Mittelerdes? Tolkien war nach eigener Aussage eines der größten Vorbilder Martins, als er die Geschichte über und um den Eisernen Thron von Westeros erschuf. Und nicht nur bei Tolkien hat er sich reichlich bedient. Die Welt von Game of Thrones mag zwar gefüllt sein mit mittelalterlichen Elementen, orientiert sich aber besonders visuell an bekannten Bildern aus der Antike.
Ziel und Aufbau des Artikels
Dieser Artikel soll diese Referenzen in verschiedenen Ebenen der Serie und den Büchern nennen. Sieht man sich im Internet genauer um, gibt es zwar genügend Artikel wie diesen, allerdings entdeckt jeder Autor vielleicht ein zwei neue Parallelen zwischen Game of Thrones und der antiken Geschichte. Dieser Artikel hat den Anspruch, viele von ihnen zu bündeln.
Ich habe ihn in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil möchte ich eher offensichtliche Referenzen in der Welt, Kultur und Background-Geschichte der Welt von Game of Thrones nennen, bevor ich im zweiten Teil Schicksale oder Merkmale antiker Persönlichkeiten auf Charaktere in GoT übertrage. Aber genug geschrieben.
Architektur
Die Mauer und der Hadrianswall
Die Mauer in GoT trennt die zivilisierte Welt im Süden vom barbarischen Norden. Sie wird von der Nachtwache bewacht und bis zum Auftauchen der Weißen Wanderer in der Serie ist das einzige, was dahinter liegen soll, ein barbarisches Volk, in Westeros Wildlinge genannt.
Martin hat diese Entlehnung offen zugegeben. Die Mauer in Game of Thrones, wenn auch deutlich höher als ihr Gegenstück im Norden Britanniens, ist vom Hadrianswall inspiriert. Außerdem interessant: dreht man die irische Insel um 180° und „klebt“ sie im Süden an die britische ergibt sie die Karte des Kontinents von Westeros. Die Mauer liegt auf dieser Karte exakt an derselben Stelle wie der Hadrianswall in Britannien. Jeder, der noch nichts von dieser geographischen Referenz wusste, sollte unbedingt einmal Westeros = Great Britain in die Google Bildersuche eingeben.
Die Arena von Meeren und das Kolosseum
In der Stadt Meeren auf dem Kontinent Essos können allgemein viele Bauwerke antiker Natur entdeckt werden. Das Stadttor, bestehend aus riesigen Statuen, die die Stadt auf ihrem Rücken tragen, erinnert an verschiedene Totentempel aus dem alten Ägypten. Das Stadtbild wird von drei Pyramiden dominiert, die zwar wenig Ähnlichkeit mit den bekannten Pyramiden aus Gizeh aufweisen, dafür aber starke Ähnlichkeit mit der Pyramide aus Sakkara oder aber aztekischen Tempeln haben.
Was jedoch am stärksten referiert wird, ist das Kolosseum aus Rom. In der neunten Folge der fünften Staffel sehen wir „Daznaks Pit“. Eine Arena, die mit Unterbau, Falltüren und sogar Details wie den Sonnenschirmen an den obersten Rängen große Ähnlichkeit zum römischen Kolosseum aufweisen.
Der Titan von Braavos und der Koloss von Rhodos
Ebenfalls auf dem Kontinent von Essos findet man den „Titan“ von Braavos. Diese gigantische Kupferstatue bewacht den Eingang zum Hafen der Stadt Braavos. Nicht nur erinnert diese Darstellung den Kenner der antiken Weltwunder an den 30m hohen Koloss von Rhodos, der ebenso den Hafen von Rhodos bewachte, er ist auch ähnlich wie ein griechischer Hoplit dargestellt. In der Darstellung der Show trägt er sowohl Brustpanzer als auch einen kurzen Rock und einen Schild, der einem Hoplon sehr ähnelt.
Religion
GoT und das griechisch-römische Pantheon
Die verschiedenen polytheistischen und monotheistischen Religionen in Game of Thrones entsprechen in Teilen dem griechisch-römischen Pantheon. Hier eine Aufzählung der neuen Gottheiten in Game of Thrones, wofür sie in der Welt von Martin stehen und an welche Gottheit aus dem griechisch-römischen Pantheon sie angelehnt zu sein scheinen:
- Der Vater steht für göttliche Gerechtigkeit und ist das Oberhaupt der Göttergemeinschaft und damit mit an Zeus/Jupiter orientiert.
- Die Mutter steht für Gnade, Frieden und Fruchtbarkeit und scheint an Hera/Juno (Mutter) sowie Demeter/Ceres (Fruchtbarkeit, Mutter der Persephone/Proserpina) angelehnt zu sein.
- Die Jungfrau steht für Reinheit, Liebe und Schönheit und scheint teilweise an Artemis/Diana (Reinheit) und teilweise an Aphrodite/Venus (Liebe und Schönheit) orientiert zu sein.
- Das Alte Weib steht für Weisheit, Wahrheit und Licht und scheint – abgesehen vom Alter – an Athene/Minerva angelehnt zu sein.
- Der Krieger steht für Stärke und Mut in der Schlacht und scheint an Ares/Mars orientiert zu sein.
- Der Schmied steht für Arbeit und Handwerk scheint an Hephaistos/Vulcanus angelehnt zu sein.
- Der Fremde repräsentiert den Tod und das Unbekannte und scheint an Pluton/Pluto oder Thanatos/Mors orientiert zu sein.
Monotheistische Religionen in GoT
Darüber hinaus gibt es den Ertrunkenen Gott. Er ist die monotheistische Gottheit des Seefahrervolks der Eiseninseln. Da er für die See steht, kann er mit Poseidon/Neptun verglichen werden. In ferner Vergangenheit hat der Ertrunkene Gott den Sturmgott besiegt und in einer Halle auf dem Meeresboden eingesperrt, von wo er als großer Gegenspieler des im Himmel ansässigen Ertrunkenen Gottes fungiert. Hier zeigen sich Parallelen zum christlichen Gott und Luzifer, aber auch zu Zeus und Typhon. Da der Strumgott ein Gott und kein gefallener Engel ist, kann man darüber diskutieren, ob der Glaube an den Ertrunkenen Gott monotheistisch oder eher dualistisch ist.
Zoroastra
Zuletzt gibt es die ebenfalls monotheistische Religion von Rh’llor, dem Herrn des Lichts, die mit zwei antiken Religionen verglichen werden kann. Nach der Vorstellung der antiken Religion Zoroastras teilt sich die Welt in ein Reich des Lichtes und den Abgrund der Finsternis. Das Reich des Lichtes wird vom Herrn des Lichtes regiert, der sich in einem ewigen Kampf mit seinem Widersacher Angra Mainyu befindet, dessen Schauplatz die Erde ist. Ähnlich ist Rh’llor in GoT der Herr des Lichts und sein Widersacher ist der Große Andere. Martin selbst hat angegeben, dass der Glaube grob auf der Feuerverehrung des Zoroastrismus basiere.
Christentum
Es lassen sich allerdings auch Parallelen von Rh’llor zum Christentum ziehen. Die Religion Rh’llors umfasst ein ähnlich antagonistisches Denken wie das Christentum mit seinem Glauben an Himmel und Hölle und schließt auch eine prophetische Kernfigur ein. Laut einer Prophezeiung in Game of Thrones kann einzig der Messias Azor Ahai den Kampf zwischen Gut und Böse beenden. Dass dieser in Game of Thrones Jon Schnee ist und im Lauf der Handlung stirbt und wiederaufersteht, erinnert an die Rolle Jesu im Christentum.
Geschichte
Valyria und Rom
Valyria ist ein untergegangenes Weltreich von überlegener Technologie. Zwar führte eine riesige Naturkatastrophe zum Untergang von Valyria, trotzdem lassen sich viele Vergleiche zum römischen Imperium ziehen. Ebenso wie Rom war Valyria eine mächtige Stadt, die sich über den Großteil eines Kontinents ausbreitete. Darüber hinaus überlebte Valyrisch als Sprache der Elite, ähnlich wie Latein als Sprache des Klerus in Europa. Zuletzt besaßen die Valyrier überlegene Baukunst und schufen Straßen, die noch Jahrhunderte nach dem Untergang Vaylrias genutzt werden. Römische Straßen wurden bis ins späte Mittelalter genutzt.
Aegon der Eroberer und Alexander der Große
Über diesen Punkt lässt sich sicherlich streiten, aber ebenso wie Alexander war Aegon ein junger Herrscher eines gegenüber seinen Gegnern eher kleinen Staates (Drachenstein) und eroberte in kürzester Zeit ein Weltreich. Zwar besaß Alexander keine Drachen und Aegon gab sein Reich an seinen Sohn weiter, aber wie Alexander gründete er eine Weltstadt in seinem Namen (Königsmund). Zuletzt ist die Zeit interessant gewählt. Aegon erobert Westeros rund 300 Jahre vor Beginn der Handlung, Alexander eroberte das persische Reich rund 300 Jahre vor Christi Geburt.
Roberts Rebellion und Trojanischer Krieg
Ein Kernereignis in der Geschichte von Westeros ist Roberts Rebellion, in der Robert Baratheon die Targaryen-Dynastie stürzt und sich selbst zum König krönt. Auslöser für diesen Konflikt war ähnlich wie im Trojanischen Krieg eine Frau. In der Illias wählt Paris, der Prinz von Troja Aphrodite als schönste Göttin aus, die ihm die schönste Frau im Gegenzug verspricht. Er „erhält“ daraufhin Helena, die Frau von Menelaos von Sparta. Als sie mit ihm nach Troja geht, ziehen die Griechen gegen die Stadt in den Krieg. In Game of Thrones „entführt“ Rhaegar Targaryen, der Thronerbe von Westeros, Lyanna Stark, die jedoch Robert Baratheon versprochen ist, woraufhin es zur offenen Rebellion kommt.
Im Mittelpunkt der Kampfhandlung steht die Auseinandersetzung zweier großer Krieger. In der Schlacht am Trident tritt Robert Baratheon gegen Rhaegar Targayren an und tötet ihn, ähnlich wie Achilles in der Illias Hektor von Troja (überdies Sohn des Königs, wie Rhaegar) im Zweikampf tötet.
Am Ende der Kampfhandlung steht die Zerstörung einer Stadt durch eine List. In der Illias dringen die Griechen durch das als Geschenk getarnte trojanische Pferd nach Troja ein, öffnen die Tore und zerstören in der Nacht die Stadt. In Game of Thrones marschiert Tywin Lannister mit einer Armee vor der Hauptstadt auf und gibt sich als Verbündeter des Königs. Nachdem ihm die Tore geöffnet wurden, fallen die Lannister-Soldaten über die Bevölkerung her und plündern die Stadt.
Militär
In mehreren Folgen der Serie wird Seefeuer als Massenvernichtungswaffe eingesetzt. Mit echtem Feuer verbunden, setzt es seine verheerende und explosive Wirkung frei und brennt dazu auf Wasser. In Folge 9 der zweiten Staffel wird es eingesetzt, um eine ganze Flotte von Schiffen zu zerstören. Dabei ähnelt es dem griechischen Feuer, das auf Wasser brennt und von den Byzantinern in der Spätantike gegen feindliche Flotten verwendet wurde.
Während der Schlacht der Bastarde in der neunten Folge der sechsten Staffel gelingt der Bolton-Armee die perfekte Umkreisung der Stark-Armee, nachdem diese frontal angegriffen hatte. Dies erinnert an die Einkreisung und Aufreibung dreier römischer Legionen bei Cannae 216 v. Chr.
Viel stärker lässt sich jedoch die Ausrüstung der Bolton-Soldaten analysieren. Der hohe Turmschild erinnert an das Scutum, den Schild eines römischen Legionärs. Zudem kämpfen sie in einer Mischung aus anglo-sächsischem Schildwall und hellenistischer Phalanx.
Charaktere
Joffrey und König Herodes
König Joffrey Baratheon, der möglicherweise meistgehasste TV-Charakter der Geschichte, weist Handlungsparallelen zu König Herodes aus der Bibel auf. In der ersten Folge der zweiten Staffel lässt Joffrey sämtliche Bastarde seines Vaters von der Stadtwache aufspüren und ermorden, um mögliche Anspruchsteller auf den Thron aus dem Weg zu räumen. Interessant dabei: Im Fokus der Szene steht der Mord an einem Baby. Viele andere Bastarde werden ebenfalls als Jünglinge oder Kleinkinder dargestellt. Diese Szene erinnert dabei an den Kindermord im Neuen Testament, bei dem König Herodes sämtliche Babys unter vier Jahren ermorden lässt, als ihm die Geburt eines neuen Königs (Jesus) verkündet wird.
Aerys Targaryen und Caligula
An dieser Stelle bietet sich ein kurzer Exkurs zu Caligula an. Der römische Kaiser regierte von 37-41 n. Chr. Den Quellen zu Folge regierte er wie ein autokratischer Monarch, liebte grausame Hinrichtungen und war wahnsinnig und sadistisch. Diese Quellen sind zwar anzuzweifeln, da das Andenken an Caligula nach dessen Tod systematisch vernichtet wurde, doch interessant ist noch, dass er letztendlich „zum Wohle Roms“ von seiner Prätorianergarde, die eigentlich seine Leibwache sein sollte, ermordet wurde.
Den GoT-Kenner kann sich im Bezug auf Caligulas Sadismus und kurze Regierungszeit zwar auch an König Joffrey erinnern, doch Aerys Targaryen, eine Figur aus der Vorgeschichte der Handlung von Thrones, weist noch stärkere Parallelen auf. Aerys wird von den meisten Charakteren der Handlung als der „irre König“ bezeichnet und hat sich die Elite von Westeros besonders durch seine grausamen Hinrichtungen (vorzüglich durch Verbrennungen) zum Feind gemacht. Schließlich wurde er, genau wie Caligula, von seiner Leibwache, der Königsgarde, ermordet. Außerdem ein kleiner fun fact: George RR Martins Katze trug den Namen Caligula, er wird die Geschichte um den römischen Kaiser also vermutlich gekannt haben.
Viserys Targaryen und Crassus
Noch ein Targaryen. An dieser Referenz sind die Zahlen interessant. In der Antike zog Marcus Licinius Crassus mit einem Heer von 40.000 Mann aus, um die Parther zu unterwerfen. Man merke hier an, dass die Parther ein Reitervolk waren. Angeblich wurde Crassus nach seiner Niederlage bei Cannae getötet, indem man ihm geschmolzenes Gold in den Rachen goss.
In der ersten Staffel von Game of Thrones schließt sich Viserys einem Khalasar der Dothraki, dem Reitervolk der Serie, an. Wohlgemerkt: Die Horde, der Viserys eine Weile folgt ist 40.000 Mann stark. Er findet außerdem ein ähnliches Ende wie Crassus. Als er in Ungnade fällt und seine Krone verlangt, gießt der Anführer der Horde ihm geschmolzenes Gold über den Kopf.
Shireen Baratheon und Iphigenie
In Shireen Baratheons Schicksal finden wir eine weitere Ähnlichkeit zu einer Geschichte des trojanischen Sagenkreises. Sie ist die Tochter von Stannis Baratheon, der sich selbst zum König gekrönt hat, und wird geopfert, um einen Schneesturm aufzuheben, der Stannis‘ Armee am Marsch hindert und dezimiert. Es funktioniert: Nachdem Shireen am Pfahl verbrannt wurde, hat sich der Sturm gelegt.
König Agammemnon wird von Artemis mit einer Windstille bestraft, sodass seine Flotte bei Aulis nicht weiter nach Troja segeln kann. Auf eine Weissagung des Sehers Kalchas hin versucht Agammemnon Artemis zu besänftigen, indem er seine älteste Tochter Iphigenie opfert. Artemis gewährt ihm die Weiterfahrt.
Beide Figuren sind also Töchter von Herrschern und werden geopfert, da ihre Väter sich durch die Natur gehindert sehen ihren Feldzug fortzusetzen.
Cersei und Cirke
Schon die phonetische Ähnlichkeit ist erkennbar. In der griechischen Mythologie begegnet Odysseus auf seinen Irrfahrten der Zauberin Circe, die sich auf ihrer Insel mit Wölfen und Löwen umgibt. Cersei Lannister ist zu Beginn der Handlung von Charakteren der Familien Lannister und Stark umgeben, deren Wappen der Löwe und der Wolf sind. Darüber hinaus wird in der Odyssee eine Liebschaft zwischen Odysseus, einem großen Seefahrer, und Circe suggeriert, wo man argumentieren kann, dass auch Cersei zum Ende der Serie hin den König der seefahrenden Eisenmänner, Euron Graufreud, heiratet.
John Snow und Julius Caesar
Im Tod von Jon Schnee kann man eine Ähnlichkeit zur Ermordung von Julius Caesar sehen. Julius Caesar wird auf dem Höhepunkt seiner Macht als römischer Dictator von einigen römischen Senatoren ermordet. Darunter auch Brutus, einem vertrauten jungen Mann, den er wie einen Ziehsohn behandelt hat.
Jon Schnee wird auf dem Höhepunkt seiner Macht (vor seiner Wiederauferstehung) als Lord Kommandant der Nachtwache von seinen geschworenen Brüdern ermordet. Darunter ist auch Olly, ein Junge, den die Nachtwache aufgenommen hat und den Jon selbst trainiert und zu seinem Steward herangezogen hat. Sieht man sich die Szene in der letzten Folge der fünften Staffel an, möchte man Jon Schnee fast die Worte „Auch du, Brutus?“ in den Mund legen.
John Snow und Jesus von Nazareth
Fällt das Stichwort Wiederauferstehung, ist eigentlich der Gedanke an Jesus von Nazareth nicht fern. Tatsächlich weisen beide Charaktere noch mehr Ähnlichkeiten auf. Jesus ist in der Bibel König der Juden, Jon Schnee wird später zum König des Nordens ausgerufen. Dabei wird Jon als Bastard aufgezogen, ist aber in Wirklichkeit der Sohn eines Prinzen. Jesus ist der verheißene Messias der Bibel, wird aber als Sohn eines Zimmermanns aufgezogen. Nach der Prophezeiung von Rh’llor und Aussagen einer prominenten Priesterin dieser Religion, ist Jon der Messias: Azor Ahai.
Außerdem werden sowohl Jesus als auch Jon Schnee mehrmals in Versuchung geführt. Bei Jon ist es zwar Macht, die ihn versuchen soll, aber beide Figuren widerstehen der Versuchung. Zuletzt gibt es eine Szene in der letzten Folge der siebten Staffel, in der Jon Schnee unbekleidet und ohnmächtig von einer Figur der Serie betrachtet wird. Diese Figur hat vorher nicht an Jons Wiederauferstehung geglaubt, aber seine Narben von der zuvor angesprochenen Ermordung fungieren in dieser Szene als Stigmata.
Danaerys Targaryen und Moses
Die letzte Figur aus der Liste ist ebenfalls eine Hauptfigur der Handlung und zeigt Parallelen zu einer biblischen Figur. Ähnlich wie bei verschiedenen Parallelen zu Figuren aus der Illias und Odyssee kann man auch hier nahelegen, dass Martin vermutlich das Quellenmaterial kennt.
Daenerys Targaryen und Moses sollten beide als Kinder ermordet werden, konnten aber fliehen. Daenerys‘ Tod, sowie der aller anderen Targaryen-Babys wurde auf Geheiß von Tywin Lannister verordnet, als ihre Dynastie vom Thron gestürzt worden war. Im Alten Testament verordnete der Pharao die Tötung aller männlichen Kinder der Israeliten, wovor Moses aber gerettet wurde. Beide Charaktere befreiten ein Volk aus der Sklaverei. Moses befreite die Israeliten aus der ägyptischen Gefangenschaft und führte sie nach Israel. Daenerys befreite die Sklaven der Sklavenbucht und wird auch als „Sprengerin der Ketten“ bezeichnet.
Außerdem griffen beide dafür zu übernatürlichen Mitteln. Daenerys besaß Drachen und Moses spaltete das Rote Meer, um den Israeliten die Flucht zu ermöglichen. Dazu durchquerten beide die Wüste, um ihren Feinden zu entgehen. Moses durchwanderte sie ganze vierzig Jahre, Daenerys nur eine Folge in der zweiten Staffel. Interessant ist auch, dass beide Figuren in Sichtweite ihres Ziels starben: Moses brach in Sichtweite des heiligen Landes zusammen, Daenerys stand vor dem Eisernen Thron, aber berührte ihn nie.
Schlussbetrachtung und Quellen
Es gibt definitiv weitere Referenzen, denn ich habe mich lediglich mit diesem Artikel bemüht, die Referenzen, die bereits Andere gefunden haben, zu ergänzen. Hier die Quellen:
https://fantastischeantike.de/classical-reception-in-game-of-thrones-by-david-hogg/
https://www.liveabout.com/game-of-thrones-mythology-and-history-3573105
Über den Autoren
Simon Peters studiert an der Universität Bonn Geschichte und Politik.
- Doctor Who trifft Sokrates und Platon im antiken Athen: The Chains of Olympus (Comic, 2011–2012) - 31. August 2024
- Die Rezeption mittelalterlicher Geschichte(n) in Peter S. Beagles „Das Letzte Einhorn“ - 16. Juli 2023
- Römische Arenen und Wilder Westen: Jasmin Jülichers „Stadt der Asche“ - 4. Oktober 2022
Lieber Simon,
Ich fand deinen Artikel sehr informativ, bin aber bezüglich der methodischen Herangehensweise skeptisch. Durch das Gleichsetzen von Personen, Orten und Handlungen suggerierst du, dass sie eindeutig darauf Bezug nehmen. Das ist aber vielfach einfach kaum machbar, sondern allenfalls eine mögliche Anspielung auf die Herkunft. Vor allem bei dem Vergleich der Götter würde ich dir vielfach bei der Zuordnung von antiken Göttern zu Gottheiten in GoT widersprechen. So ist das Alte Weib sehr wahrscheinlich nicht auf Ceres basierend. Vielmehr besitzt Gemeinsamkeiten mit Athena, entspricht dieser jedoch nicht.
LG, Aeroplane
Witzig, dass der Kommentar heute rein kommt, weil ich den Artikel gestern erst überarbeitet habe!
Tatsächlich habe ich bei den Göttern schon ein paar Dinge geändert. Allerdings habe ich auch gestern schon aus Ceres Athene gemacht – da hatten wir wohl denselben Gedanken -, weshalb ich mich jetzt wundere, dass Aeroplane noch Ceres gelesen hat. Ich hoffe, dass jetzt allen Athene angezeigt wird.
Aeroplane hat aber Recht: „ist gleichzusetzen mit“ ist zu stark formuliert. Ich habe das jetzt umgeändert und abgemildert.
Bei den anderen Punkten sind die Überschriften etwas stark (Daenarys = Moses usw.), aber im Text hat Simon Peters das immer korrekt formuliert.
Die Überschriften stammen von mir, um die Lesefreundlichkeit zu erhöhen. Ich verstehe aber das Problem und werde das ändern.
@Aeroplane: Wie wäre es mit „Danaerys Targaryen und Moses“ statt „Danaerys Targaryen = Moses“? Ist besser, oder?
Sind andere Stellen noch missverständlich formuliert?
Ich werde mich jetzt lediglich auf den Abschnitt über Religion beziehen:
1. Die Eiseninseln und ihr ertrunkener Gott sind nicht monotheistisch, weil es einen Gegenspieler des ertrunkenen Gottes gibt (den Sturmgott), der hat u.a. angeblich König Balon Graufreud/Greyjoy ermordet – was Sinn macht, wenn man bedenkt, dass Balon angeblich bei Sturm von einer Brücke geweht wurde. Aber ihr Festmahl an der Tafel des Ertrunkenen Gottes erinnert mich immer an Walhalla.
2. Ich würde tatsächlich den „Glauben an die Sieben“ mit dem (katholischen) Christentum vergleichen: Es heißt: „die Sieben, die einer sind“, oder ein Gott mit sieben Aspekten/Gesichtern. Das klingt für mich nach Dreifaltigkeitslehre: Vater, Sohn und Heiliger Geist sind eins und nicht drei Götter (sonst wäre das Christentum polytheistisch). (Obwohl es durchaus Strömungen innerhalb des Christentums gab, die die Dreifaltigkeitslehre ablehnten und unterschiedliche Interpretationen hatten, ob Gott-Jesus-und der Heilige Geist nun eins und falls nein gleichwertig waren).
Auferstanden wird in ASOIAF sehr viel, (Jon, Daenerys überlebt einen bzw. 2 Scheiterhaufen, Beric Dondarion stirbt mehrfach und wird immer wieder zurückgeholt, bis er sich entschließt Catelyn Stark zu retten und stirbt, die Liste ist lang…).
Rh’llor und der Dualismus, der mit ihm verknüpft ist, erinnern an verschiedene Christliche „Häresien“, z.B. die Katharer oder evtl. die Manichäer).
Da der Sturmgott vom ertrunkenen Gott nach dem Kampf unten eingesperrt wurde, steckt hier wohl eine ordentliche Portion Luzifer mit drin. Ich verstehe Deinen Punkt, aber im Allgemeinen wird die Religion als monotheistisch empfunden, auch wenn es streng genommen tatsächlich zwei sind. Ich passe das mal oben an.
Das Christentum glaubt, es sei monotheistisch 😉
Klar ist natürlich auch, dass hier nie Aspekte 1:1 übernommen werden, sondern der Autor vielerlei Dinge miteinander mischt. So kann ein und dieselbe Göttin gleichzeitig griechische, nordische und christliche Elemente aufweisen. Das ist ja heutzutage in der Fantasy völlig normal.
Im neuen Testament gibt es auch noch Lazarus, die Auferstehung des Nazareners scheint mir aber im Vordergrund zu stehen.
Und angepasst 😉