A Nightmare on Elm Street – Freddy Krueger als antiker Vampir

Mörderische Träume

Jugendliche einer amerikanischen Kleinstadt träumen von einem mit Brandnarben entstellten Mann (Robert Englund), der sie mit einem Messerhandschuh verfolgt. Tina (Amanda Wyss) erwacht eines Nachts mit zerschnittenen Nachthemd. In der darauffolgenden Nacht wird sie im Schlaf getötet. Nancy (Heather Langenkamp), die aus Angst Tage lang nicht schläft, erfährt schließlich von ihrer alkoholkranken Mutter (Ronee Blakley), dass die Eltern der bedrohten Jugendlichen einst einen Mann namens Fred Krueger, der mehrerer Kindermorde beschuldigt wurde, in einem Akt von Selbstjustiz verbrannten.

Nancy erkennt, dass dessen Geist sie verfolgt und beschließt, sich gegen ihn zu verteidigen In A Nightmare on Elm Street (1984) von Wes Craven und teilweise auch bei den Fortsetzungen der Film-Reihe finden sich Bezüge auf die Sagenwelt der Römer und Griechen und auf mittelalterliche Legenden bzw. Mythen der frühen Neuzeit.

Dämonische Nachtvögel

Der in Träumen, also weitgehend nachtaktive Freddy Krueger verfügt über zahlreiche Attribute, die ihn mit traditionellen Vampir-Vorstellungen in Verbindung bringen. In einer Albtraum-Sequenz verlängern sich Freddys Arme außergewöhnlich weit und mit seinem Messerhandschuh kratzt er funkensprühend an einer Mauer. In dieser unheimlichen Film-Szene wirkt er wie ein Vogel mit riesigen Flügeln. Eine ähnliche Gestalt nimmt er an, als er die Decke von Nancys Zimmer verformt.

Im antiken Rom war die Vorstellung verbreitet, dass als Striges oder Strigea bezeichnete dämonische Nachtvögel Kinder rauben, sie zerfleischen und deren Blut trinken. Beschrieben werden diese Wesen mit langen Krallen und einem krummen Schnabel, entsprechend erscheint Freddy mit einer großen, gekrümmten Nase und seine Bewaffnung erinnert eindeutig an Krallen.

Zudem findet sich auch in der bunten Kleidung Freddys eine weitere Analogie zu einer Kinder entführenden Sagenfigur: im Remake A Nightmare on Elm Street (2010) wird thematisiert, dass der Rattenfänger von Hameln ein rot-grünes Kostüm getragen habe.

Die Nägel eines Vampirs

In Berichten über angebliche Vampir-Epidemien aus dem frühen 18. Jahrhundert gibt es Erwähnungen, dass Leichen unverwest geblieben und deren Fingernägel nachgewachsen seien. Robert Englund nannte auch die Verkörperung Draculas mit riesigen Fingernägeln durch Klaus Kinski in Werner Herzogs Nosferatu – Phantom der Nacht (1979) als wichtige Inspiration.

Tina erwähnt Nancy gegenüber auch, dass der Mann in ihrem Traum zunächst merkwürdige Geräusche mit seinen Fingernägeln gemacht hätte, später erst wären diese als Messer zu identifizieren gewesen. Umgekehrt wird Tina von ihrer Mutter beschuldigt, ihr Nachthemd selbst mit ihren Fingernägeln zerschnitten zu haben. Traditionelle Schutzmechanismen gegen einen Vampir wie Gebete oder Kruzifixe erscheinen jedoch gegen Freddy als wirkungslos.

Hamlet als Schullektüre

Einen noch deutlicheren Bezug zur römischen Antike gibt es, als Nancy während des Englisch-Unterrichts einschläft. Ein Schüler trägt aus Hamlet von William Shakespeare vor:

“In the most high and palmy state of Rome, a little ere the mightiest Julius fell, the graves stood tenantless, and the sheeted dead did squeak and gibber in the Roman streets.”

Nancy erscheint währenddessen Tinas Geist, der in einen blutigen Leichensack gehüllt ist, was sich schließlich als erneute Täuschung Freddys entpuppt.

Diese Beschreibung erinnert an Lemuren, bösartige Geister Verstorbener, die – hier findet sich wieder ein Vampir-Bezug – auch Blut saugen. Um diese Geister fernzuhalten, wurden um Mitternacht schwarze Bohnen verbrannt und Feuer ist tatsächlich eine wirksame Waffe, die Nancy später gegen Freddy einsetzt.

Die Beschreibung von Freddys Tod erinnert auch an Hexenverfolgungen und in der sechsten Fortsetzung der Nightmare-on-Elm-Street-Reihe tritt er sogar in Gestalt der bösen Hexe aus dem Zauberer von Oz in Erscheinung.

Hermes kommt in die Elm Street

Das Hamlet-Zitat stellt ebenso eine Verbindung zwischen dem antiken Rom und dem Amerika der Gegenwart her. Ort der Handlung ist wie auch bei Der Exorzist (1973) von William Friedkin eine Elm Street. In beiden Filmen werden wissenschaftlich-rationale Lösungsansätze nicht nur verworfen, sondern deren institutionellen Vertreter erweisen sich sogar als völlig inkompetent: Ärzte können weder der besessenen Regan noch Nancy helfen, so räumen die Mitarbeiter des Schlafzentrums ein, über Träume eigentlich nichts zu wissen.

Das Attentat auf John F. Kennedy wurde in der Elm Street verübt, und auf dieses Trauma scheinen die genannten Filme deutlich anzuspielen. In der griechischen Antike galten Ulmen allerdings auch als Todes- und Trauersymbol. Diese Bäume wurden mit dem Gott Hermes in Verbindung gebracht, der die Toten in den Hades begleitet.

Fazit

Zwischenzeitlich ist Freddy Krueger – sicher eine der bekanntesten Figuren des Horror-Genres – selbst zu einem modernen Mythos geworden. Das Aufgreifen bekannter Sagen und Legenden ist wahrscheinlich eine der Ursachen für die große Popularität der Film-Reihe.

Freddy Krueger A Nightmare on Elm Street
A Nightmare on Elm Street (Photo: kepptn)

Literatur

Schneidewind, Friedhelm (2023): Vampirismus in der Antike. In: Michael Kleu (Hrsg.): Antikenrezeption im Horror. Essen: Oldib-Verlag. S. 72 – 94.

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Zu A Nightmare on Elm Street hat Autor Stefan Preis kürzlich auch eine Besprechung auf Youtube veröffentlicht.
Stefan Preis

2 Kommentare zu „A Nightmare on Elm Street – Freddy Krueger als antiker Vampir

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  1. „Im antiken Rom war die Vorstellung verbreitet, dass als Striges oder Strigea bezeichnete dämonische Nachtvögel Kinder rauben, sie zerfleischen und deren Blut trinken.“

    Diese dämonischen Gestalten tauchen auch in der griechischen Mythologie auf. In der griechischen Mythologie ist der Name Lamien für diese dämonischen Bestien geläufig. Lamien leitet sich ab von Lamia (Lamia ist eine Tochter des Poseidon und wurde schließlich eine fürchterlich grässliche Gestalt). Was bedeutet das Wort Lamie? Da gibt es zwei Möglichkeiten: „Rachen / Kehle“ (altgriechisch λάμιες = lämós) oder „zerfleischen / zerreißen“ (arabisch = lahama).

    Haben die vampirähnlichen Lamien mit dem Vampirglauben der Neuzeit zu tun? Bei den mythologischen Lamien handelt es sich um nichtmenschliche Wesen. Die Vampire der Neuzeit sind Untote mit einem menschlichen Körper. Man geht überwiegend davon aus, dass die mythologischen Lamien nichts mit dem Vampirglauben der Neuzeit zu tun haben (bis auf die ständige Gier nach Blut) ->

    https://www.mythologie-antike.com/t222-lamien-mythologie-damonen-bestien-die-grosse-ahnlichkeiten-mit-vampiren-aufweisen

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