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Roma Nova – Römer im Weltraum

Judith C. Vogts Roma Nova präsentiert eine äußerst spannende Variante der Römer-im-Weltraum-Erzählungen und rezipiert dabei das Römische Reich auf eine ungewöhnlich intensive Art und Weise.

Werfen wir also einen genaueren Blick auf den Scifi-Roman!

Die Entstehungsgeschichte von Roma Nova

Judith C. Vogt hatte bereits mehrere Bücher verfasst, die entweder als historische Romane zur Zeit des Römischen Reiches spielten oder aber dieses als Fantasy-Erzählungen deutlich rezipierten, als sie der Filmemacher Philip Schulz-Deyle aufgrund dieser Veröffentlichungen kontaktierte. Schulz-Deyle plante nämlich einen leider nie realisierten Film, der den Spartacus-Aufstand in den Weltraum verlegte, und bat Judith Vogt, eine Literaturvorlage für den Film zu verfassen.

Dabei ließ der Filmemacher der Autorin inhaltlich weitestgehend freie Hand und legte lediglich fest, dass es sich beim Rom der zu schreibenden Geschichte um einen ganzen Planeten handelt, der von einem als Rubicon bezeichneten Asteroidengürtel umgeben ist.

Zur Inspiration steuerte der von Philip Schulz-Deyle gebriefte Concept Artist Ulrich Zeiler Illustrationen eines futuristischen Roms bei, die Arndt Drechsler schließlich zur Grundlage für das Titelbild von Roma Nova nahm.

Wovon handelt Roma Nova?

Vor dem Hintergrund des Aufstands eines Gladiators namens Spartacus erzählt Roma Nova von der Liebesbeziehung zwischen dem Sklaven Ianos und der Aristokratin Constantia Marina. Ianos und Constantia überleben gemeinsam den Angriff geheimnisvoller Wesen aus dem Hades-System und kommen einander näher, bevor der Sklave von seinem Besitzer als Gladiator in die Arena geschickt wird. Hier lernt Ianos Spartacus kennen und wird wie dieser mit einem künstlichen Herzen versehen, das seinem Träger übermenschliche Kräfte verleiht.

Im Rahmen des Spartacus-Aufstands gelingt die Flucht ins sagenumwobene Hades-System, in dem Spartacus‘ Frau, die Seherin Morisa, herrscht, und wo es schließlich zur alles entscheidenden Schlacht gegen das Imperium Romanum kommt.

Der Weltenbau

Jenseits des Asteroidengürtels Rubicon, der den Planeten Rom umgibt, befinden sich weitere Himmelskörper, die größtenteils bewohnt sind und die Namen römischer Provinzen tragen oder von Nachbarvölkern der Römer inspiriert sind. So gibt es etwa ein Gallia-Omnia-System – Caesars De bello Gallico lässt grüßen – mit den Planeten Gallia Aquitania und Gallia Cisalpina oder den Planeten Terra Grecae, zu dem der Mond Kreta gehört. All diese Welten sind Teil eines Sternenhaufens, der in weiten Teilen von den Römern erobert wurde und in Anlehnung an das Mittelmeer als Mare Nostrum bezeichnet wird. Abgesehen von Menschen leben auch Dryaden, Giganten, Minotauren, Nymphen, Satyrn und Zentauren im Universum des Romans.

Das Mare Nostrum umgibt eine Leere, in der sich in unmittelbarer Nähe zu einem Schwarzen Loch das von Chaos geprägte Hades-System befinden soll, in dem Gerüchten zufolge Dämonen existieren.

Rom selbst ist eine spannende Mischung aus antiken Elementen wie Colosseum, Forum Romanum, Praetorium, Säulen, Statuen und den berühmten sieben Hügeln auf der einen und futuristischen Aspekten wie fliegenden Barken und gewaltigen Leuchtreklamen auf der anderen Seite.

Technischer Stand und Gesellschaft

Dazu passt der technische Stand der Erzählwelt. So treffen wir in Roma Nova auf mächtige Raumschiffe, die einander in Gefechten wie antike Kriegsschiffe rammen und im Inneren mit Marmor und Säulen ausgestattet sind. Auch die Welt der Gladiatoren, der aufgrund der Spartacus-Thematik natürlich größere Bedeutung zukommt, ist einerseits durch altbekannte Gladiatorentypen wie Retiarius oder Thraex mit Hieb- und Stichwaffen geprägt, andererseits aber auch durch Energieschilde und an Cyborgs erinnernde mechanische Körperteile.

Die Gesellschaft entspricht weitestgehend derjenigen des antiken Römischen Reichs. Wir haben Plebejer, Patrizier, Sklaven und prominente Familien wie die Sabiner. Wie im Fall des irdischen Imperium Romanum wurde auch sein galaktisches Pendant zunächst von Königen regiert, bevor nach der Vertreibung des letzten Herrschers eine von Konsuln geleitete Republik zur neuen Staatsform wurde.

In Roma Nova treffen wir neben Ahnengeistern und Laren auch auf Gottheiten wie Jupiter, Mercur und Minerva, bei denen letztlich offenbleibt, ob es sich wirklich um Gottheiten oder vielmehr um frühe außerirdischer Besucher*innen handelt.1

Die Antikenrezeption in Roma Nova

In Bezug auf Spartacus folgt Judith Vogt in Grundzügen den zentralen Aspekten des historischen Gladiatoren- und Sklavenaufstands (73-70 v.Chr.), was sowohl die Ereignisgeschichte als auch diverse historische Persönlichkeiten wie etwa den Gladiatorenmeister Gnaeus Cornelius Lentulus Batiatus oder den Politiker und Feldherrn Gnaeus Pompeius Magnus betrifft.

Losgelöst vom Spartacus-Aufstand ist es ein spannender literarischer Kniff der Autorin, futuristische Elemente mit lateinischen Begriffen zu versehen und auf diese Weise in eine durchaus antik wirkende römische Gesellschaft einzufügen. So gibt es etwa Bildschirme, die unseren Handys, Fernsehern und Computerbildschirmen entsprechen und im Roman passenderweise Tabulae (Tafeln) heißen. In anderen Fällen „antikisiert“ Judith Vogt moderne technische Errungenschaften wie Kameras oder das Internet, indem sie von „Linsen“ und dem „Netz“ spricht.

Letztlich ist die Erzählwelt derart „römisch“, dass es sich durchaus um einen historischen Roman handeln könnte, wenn die Geschichte nicht auf einem anderen Planeten spielen würde und es nicht auch Scifi-Elemente wie Strahlenwaffen und Raumschiffe gäbe.

Fazit

Judith Vogt lehnt die Welt von Roma Nova derart intensiv an das Römische Reich der Antike an, dass im Rahmen eines Science-Fiction-Settings keine weitere Steigerung denkbar erscheint. Dies macht den Roman zu einer ausgesprochenen Besonderheit, die nur mit wenigen anderen Werken wie etwa Dan Simmons‘ Ilium und Olympos vergleichbar ist.

Hinzu kommt, dass es zwar mehrere Erzählungen gibt, die das Imperium Romanum in gewisser Weise in den Weltraum verlegen, mir aber keine andere Geschichte bekannt ist, in der dieses Weltraum-Rom einerseits völlig losgelöst von der Erde existiert und dabei andererseits – abgesehen von den Scifi-Elementen – beinahe einer identischen Kopie des antiken Römischen Reiches entspricht.

In Bezug auf die Antikenrezeption in der Phantastik möchte ich Roma Nova daher als wirklich große Literatur bezeichnen.2

Mehr von Roma Nova?

Insgesamt betrachtet ist die Antikenrezeption in Roma Nova in vielerlei Hinsicht derart bemerkenswert, dass eine Untersuchung jeden Blogartikel bei Weitem sprengen würde. Daher habe ich einen wissenschaftlichen Aufsatz verfasst, der 2025 in einem Scifi-Band der Fachzeitschrift Geschichte in Wissenschaft und Unterricht erscheinen wird und den Roman in aller Ausführlichkeit analysiert.3

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Judith C. Vogts „Roma Nova“ (Foto: Michael Kleu)
Michael Kleu
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Anmerkungen

  1. Die meisten Aspekte, die den Roman teilweise in den Bereich der Fantasy übergehen zu lassen scheinen, entpuppen sich im Lauf der Geschichte als Dinge, die im Rahmen der Geschichte rational erklärt werden können.
  2. Aus Gründen der Transparenz sei an dieser Stelle angemerkt, dass ich seit November 2023 bei dem Verlag arbeite, bei dem das Buch 2018 erschienen ist. Ich habe das Buch bereits im Erscheinungsjahr erworben und bespreche es nun, da der Verlag den Roman aus dem Programm genommen hat und Roma Nova dementsprechend nur noch antiquarisch zu beziehen ist.
  3. Sobald der Band erschienen ist, werde ich hier alle wichtigen Daten nachtragen, damit ihr Euch den Aufsatz bei Interesse aus der Bibliothek ausleihen könnt.

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