Wie ich Jesus Star Wars zeigte (Roman)

Als dieser Blog noch relativ neu war, habe ich in einem kleinen Artikel die erstaunlichen Parallelelen zwischen Anakin Skywalker und Jesus von Nazareth aufgezeigt, wobei der zentrale Unterschied darin lag, dass sich Jesus im Moment der Versuchung für das Gute, Anakin hingegen für das Böse entschied. Insofern habe ich mich sehr gefreut, als ich kürzlich auf der Starbase Joachim Sohn und seinen Roman „Wie ich Jesus Star Wars zeigte“ kennenlernte, führt doch auch dieses Buch Star Wars und Jesus von Nazareth zusammen, allerdings auf ganz andere Art und Weise.[1]

Denn in diesem Roman entwickelt der Protagonist Florian Schneider eine Zeitreise-App, mit deren Hilfe er sich in die Zeit des Jesus von Nazareth versetzt, um diesem mit Hilfe eigens dafür mitgebrachter Geräte die Star Wars-Filme zu zeigen und ihn in den Lehren der Jedi-Ritter zu unterweisen. Dabei geht es Florian Schneider darum, zu beweisen, dass Götter und Religionen vom Menschen erfunden und beliebig austauschbar sind. Daher hat er sämtliches Wissen über das Christentum aufgezeichnet, um nach der Bekehrung Jesu zurück in seine eigene Zeit zu reisen und der Öffentlichkeit – die ja nun statt vom christlichen Glauben etc. von den Lehren der guten und der dunklen Seite der Macht geprägt sein müsste – darzulegen, was er getan hat. Somit wäre bewiesen, dass Religionen erfunden sind und es dementsprechend sinnfrei ist, ihretwegen Kriege zu führen, Menschen zu töten etc.

Soweit der Plan. Um ihn umzusetzen, bereitet sich Florian Schneider jahrelang vor, lernt alle notwendigen Sprachen sowie weiteres Hintergrundwissen für seinen Besuch im Judäa des ersten Jahrhunderts. Selbst für die technische Umsetzung lässt er sich einiges einfallen, schließlich benötigt er z.B. Strom, um Jesus die Star Wars-Filme zu zeigen. Jedenfalls gelingt es ihm, Jesus zu bekehren und eine große Bewegung zu gründen, die mit Hilfe des von Florian mitgebrachten technischen Wissens (Maschinenpistolen, Dampfmaschinen), den Kampf gegen das Imperium – also Rom – aufnimmt. Doch leider hat der Protagonist allen akribischen Vorbereitungen zum Trotz ein paar ziemlich grundlegende Dinge übersehen, weshalb er sein blaues Wunder erlebt, als er wieder in seine eigene Zeit zurückreist …

Photo: Michael Kleu

Die Darstellung der Lebenswelt des Jesus von Nazareth gelingt Joachim Sohn gut, wobei es sehr angenehm ist, wie unverkrampft er mit Personen wie Jesus, Maria etc. umgeht. So ist das Buch durchaus gewitzt und verfügt über eine Aussage, die sich gleich auf mehrere Ebenen bezieht. Grundsätzlich handelt es sich natürlich um eine grundlegende Kritik am „Problemfeld“ Religion bzw. an religiösem Fanatismus und seinen Folgen. Egal, wie gut die Intention der jeweiligen Religion ursprünglich auch gewesen sein mag, kommt es in der Regel doch irgendwann fast zwangsläufig zu Gewalt, Unterdrückung und anderen negativen Auswirkungen.[2] Doch auch der Protagonist Florian Schneider ist ein Charakter, mit dem die Leserschaft ihre Schwierigkeiten hat. Denn einerseits ist er aufgrund seines humanistischen Weltbildes durchaus von guten Absichten beseelt, doch scheut er nicht vor ausgepägter Gewalt zurück, wenn es darum geht, der Welt zu zeigen, dass seine Ansichten zur Religion die richtigen sind, womit er letztlich natürlich kaum einen Deut besser ist als das, was er bekämpfen möchte. Auf einer dritten Ebene parodiert das Buch in gewisser Weise auch die Neigung mancher Fans, das Objekt ihrer Begeisterung vielleicht etwas zu ernst zu nehmen und Filme, Bücher, Comics usw. wie heilige Schriften zu betrachten. Es ist ja kein Zufall, dass man sowohl bei Star Wars als auch bei Star Trek wie bei der Bibel von kanonischen und unkanonischen Erzählungen spricht.

Somit geht es bei dem Buch also um Alte Geschichte, um Science Fiction (Zeitreise) und um alternative oder kontrafaktische Geschichte, womit es wunderbar zum Themenbereich unseres Blogs passt. Allerdings muss man sagen, dass es besonders einer historisch interessierten Leserschaft etwas widersprüchlich erscheinen muss, dass der Protagonist sich einerseits äußerst umfangreich auf seine Zeitreise vorbereitet, ihm andererseits aber nicht wirklich klar ist, dass seine Gegenwart nicht mehr existieren kann, wenn man den Anhängern des Jesus von Nazareth Dampfmaschinen und Uzis für den Kampf gegen Rom zur Verfügung stellt, sie über die geographische Lage von noch unbekannten Kontinenten wie Amerika, Australien etc. aufklärt und die Inhalte des Christentums durch die Jedi-Religion ersetzt. Doch abgesehen von diesem Umstand und ein paar kleineren nicht beantworteten Fragen, die die Erzählung aufwirft, ist der Roman durchaus unterhaltsam und regt zu vielerlei Gedankenspielen an.[3]

[1] „Jesus von Nazareth“ bezeichnet den historischen Jesus, also die reale Person, die zur Grundlage für diverse religiöse Interpretationen wurde. „Jesus Christus“ bezeichnet die religiöse Figur.

[2] In vielen Fällen fangen Religionen an „problematisch“ zu werden, sobald sich feste Institutionen bilden. Beim Christentum scheint diese Institutionenbildung z.B. zum Ausschluss der Frauen geführt zu haben, die im Neuen Testament ja eigentlich eine bedeutende Rolle spielen. Institutionen sind eben eng mit Macht und Politik verbunden, was zur damaligen Zeit Männerdomänen waren.

[3] Sollte das Buch eine zweite Auflage bekommen, könnte man die Chance nutzen, um ein paar Fehlerchen zu korrigieren. So scheint mir z.B. beim Namen „Jesus“ der Genitiv in der Regel nicht richtig gebildet zu sein.

Michael Kleu

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