Nachdem wir Atlantis bereits aus vielerlei Perspektiven beleuchtet haben, widmen wir uns heute erstmals der Atlantis-Rezeption in der Musik. Dass dieses Thema fast zwangsläufig mit Donovans berühmten Lied aus dem Jahr 1969 beginnen muss, versteht sich wegen der unglaublichen Popularität dieses Songs von selbst.
Der Text von Donovans Atlantis
Wir erfahren im Lied, dass Donovans Atlantis eine gewaltige Insel war, die vor der großen Flut im Atlantik lag und von der aus Seefahrer nach Nord- und Südamerika reisten. Ägypten – also die dortige Hochkultur – sei lediglich ein Überbleibsel von Atlantis. Die vorsintflutlichen Könige von Atlantis kolonisierten die Welt und sämtliche Götter, die wir aus den Mythen und Legenden der Völker kennen, sind in Wahrheit aus Atlantis gekommen. Denn da die Atlanter ihr Schicksal vorhergesehen hatten, hatten sie Schiffe in sämtliche Ecken der Welt entsandt.
Auf diesen Schiffen seien die wohl als Archetypen zu verstehenden Zwölf gewesen, zu denen der Dichter, der Arzt, der Landwirt, der Wissenschaftler, der Magier sowie weitere Charaktere zählten, die – wohl aufgrund ihrer zivilisatorischen Überlegenheit – irrtümlich für Götter gehalten wurden, wobei Donovan den Eindruck vermittelt, dass diese Verwechslung möglicherweise gar nicht mal so unberechtigt war. Die Zahl Zwölf spielt dabei auf die Anzahl der olympischen Götter im engeren Sinne an.
Es folgt ein Hinweis darauf, dass die Ältesten unserer Zeit diese Wahrheit nicht mehr erkennen können, woraufhin uns der Sänger dazu aufruft, gemeinsam mit ihm Atlantis zu feiern.
Überlegungen zu Donovans Atlantis
Ein paar Grundzüge, wie die Lage der Insel oder die Monarchie stimmen noch mit Platons ursprünglicher Überlieferung überein, doch wird schnell ersichtlich, dass Donovan nicht die platonischen Dialoge im Kopf hatte, als er den Text von Atlantis verfasste, sondern vielmehr die Traditionen der frühen Neuzeit, wobei der Song besonders stark von Ignatius Donnellys Atlantis – The Antediluvian World (1882) inspiriert zu sein scheint. Denn die Kolonisation, die Vermittlung von Wissen, die Wahrnehmung als Götter etc. sind alles Elemente, die wir in sehr ähnlicher Form in Donnellys populärem Buch vorfinden.
Spannend ist, dass Atlantis von Donovan gänzlich positiv wahrgenommen wird und die Atlanter geradezu als Heilsbringer erscheinen. Diese Darstellung ist sicherlich auf den Zeitgeist der späten 1960er Jahre und Donovans damaliges Interesse für Mystisches und psychedelische Einflüsse zurückzuführen.
Dass Donovan seinen Song 2001 noch einmal gemeinsam mit den No Angels veröffentlichte, hat sicherlich zur Folge, dass das Lied auch einem jüngeren Publikum präsent ist und so schnell nicht aus dem Kanon populärer Hits verschwinden dürfte.
Falls Euch das Thema Atlantis interessiert und Ihr mehr über Donovans Inspirationsquellen erfahren möchtet, warten in meinem Atlantis-Podcast zahlreiche weiterführende Informationen auf Euch.
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