Skylla und Charybdis in „Solo – A Star Wars Story“

Heute betrachten wir eine bemerkenswerte Parallele zwischen „Solo – A Star Wars Story“ und der homerischen Odyssee.

Eine gefährliche Route für den Millenium Falcon

In „Solo – A Star Wars Story“ (2018) fliegen Han Solo, Chewbacca, Lando Calrissian und Co. im Millenium Falcon durch den Kessel-Sektor, wobei sie bei der Durchquerung des Akkadesischen Mahlstroms einen berühmten Rekord aufstellen. Für uns ist jedoch interessanter, was währenddessen geschieht. Denn auf der Route befindet sich der sogenannte Schlund, eine gewaltige Ansammlung Schwarzer Löcher, der der Millennium Falcon natürlich möglichst aus dem Weg gehen muss, um nicht in den mächtigen Sog zu geraten.

Ungünstigerweise weckt die Crew aber versehentlich ein Summa-Verminoth, ein gigantisches Lebewesen mit Tentakeln, das an eine Mischung aus Qualle und Oktopus erinnert (s.u.). Somit sehen sich der Millenium Falcon und seine Besatzung an einem einzigen Ort gleich mit zwei außergewöhnlichen Gefahren konfrontiert. Für diejenigen, mit schwachen Nerven: Letztlich geht natürlich alles gut aus!

Photo: Michael Kleu

Odysseus, Skylla und Charybdis

Mich erinnerte diese Szene ganz automatisch an die Abenteuer des Odysseus, bei denen sich der titelgebende Held auf einer Etappe seiner Reise einem ähnlichen Problem gegenüber sieht, muss er doch eine Meerenge passieren, bei der auf der einen Seite die Skylla, auf der anderen Seite Charybdis lauert.

Die Skylla ist ein mit Fangarmen versehenes Seeungeheuer mit dem Oberkörper einer Frau und einem aus sechs Hunden bestehenden Unterkörper, das bereits in der Antike als Allegorie (oder Sinnbild) für einen gefährlichen Felsen betrachtet wurde (so ist vielleicht Ovid met. 14,72-74 zu verstehen). Charybdis hingegen ist ein Ungeheuer, das dreimal täglich das Meereswasser einsaugt und dann unter gewaltigem Lärm wieder ausstößt, wobei es wohl offensichtlich ist, das dieses Ungetüm durch Meeresstrudel inspiriert wurde.

Wenn ein Schiff also die Meerenge, die zwischen Sizilien und Italien lokalisiert wurde (Straße von Messina), passieren wollte, lief es Gefahr, dem jeweils einen Ungeheuer zu nahe zu kommen, wenn es ausreichend Abstand vor dem jeweils anderen halten wollte. Odysseus gelingt es schließlich, die Gefahrenstelle zu passieren, wobei die Skylla jedoch sechs seiner Gefährten mit ihren Fangarmen erfasst und auffrisst (Hom. Od. 12,201-259). Außer Odysseus passieren auch noch andere Helden wie Herkules oder die Argonauten die Meerenge, doch sind das jeweils eigene Geschichten.

Skylla, 5. Jh. v.Chr., Louvre (gemeinfrei)

Bewusste oder unbewusste Antikenrezeption?

Die Parallelen erklären sich von selbst, sodass ich nicht viel dazu schreiben muss. Erstaunlich ist hingegen, dass die Kommentare, die ich bisher von den Filmschaffenden zu dieser Szene gefunden haben, keinerlei Bezug zur Odyssee nehmen. Denn einerseits bin ich auf die Aussage gestoßen, dass das Ganze aus dem spontanen Witz resultierte, eine gigantische Qualle in den Film einbauen zu wollen, während der von Anfang an vorgesehene Mahlstrom an Jules Verne erinnern sollte. Jetzt kann man natürlich nur darüber spekulieren, ob diese Bausteine dann bewusst, unbewusst1 oder zufällig so zusammengefügt wurden, dass sie der besprochenen Stelle aus der Odyssee entsprechen. Das Resultat weist jedenfalls eine bemerkenswerte Ähnlichkeit zu den Abenteuern des Odysseus auf.

 

Literatur:

Artikel „Charybdis“ und „Skylla“ aus „Der Neue Pauly“.

Artikel Summa-Verminot, Akkadese Maelstrom und Maw Cluster aus Jedipedia und Wookiiepedia (deutsch und englisch).

Michael Kleu

Anmerkungen

  1. Mit „unbewusst“ meine ich, dass die Filmschaffenden mit dem Motiv aus der Odyssee vertraut gewesen sein könnten, sie dann aber womöglich unbewusst auf dieses Wissen zurückgriffen.

4 thoughts on “Skylla und Charybdis in „Solo – A Star Wars Story“

Add yours

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Bitte stimme den Datenschutzbestimmungen zu.

Proudly powered by WordPress | Theme: Baskerville 2 by Anders Noren.

Up ↑