Veröffentlicht: 24. August 2020 – Letzte Aktualisierung: 21. September 2022
„In dem Augenblick aber, wo sie den Stich empfand, fiel sie auf das Bett nieder, das da stand, und lag in einem tiefen Schlaf. Und dieser Schlaf verbreitete sich über das ganze Schloss: der König und die Königin, die eben heimgekommen waren und in den Saal getreten waren, fingen an einzuschlafen und der ganze Hofstaat mit ihnen.“[1]
Zum Geleit: Märchen von zwei Brüdern mit dem Namen Grimm
Ein Feuer prasselt lustig im Kamin, wirft knisternd tanzende Lichter in ein behagliches, vielleicht etwas altmodisch eingerichtetes Wohnzimmer. In einem ledernen Ohrensessel sitzt ein älterer Herr, eine Brille tief auf die Nase gesetzt, beugt er sich, Rauchschwaden aus seiner Pfeife blasend, über ein Buch und beginnt mit gehaltvoller Stimme zu lesen: „Es war einmal…“
Das Gute gegen das Böse: Erste Indizien?
Wird an Märchen gedacht, malt sich dieses Bild häufig von selbst. Denn Märchen vollbringen eine erstaunliche Gradwanderung: Sie vermögen einen düsteren Schauer über den Rücken zu jagen, erscheinen zuweilen sogar brutal und grausam, und doch verströmen sie ein nostalgisches Odeur, das es behaglich werden lässt, erinnern an kosiges Erzählen von Geschichten am heimischen Kamin oder aber zur Guten Nacht. Denn letzten Endes obsiegt in ihnen doch das Gute über das Böse, die Prinzessin wird gerettet, die Hexe, die eben noch ein unschuldiges Kind verspeisen wollte, wird kurzerhand selbst in den Ofen verfrachtet.
Wir alle kennen dieses binäre Spiel: ‚Gut gegen Böse‘ – vielleicht schon eine antike Erzählformel? Ja und nein, denn es handelt sich vielmehr um eine anthropologische Konstante menschlichen Erzählens. Deshalb finden sich solche Muster natürlich auch in der Antike, aber eben nicht nur; sie treten auch in mannigfaltigen, teilweise wesentlich älteren Erzählungen und Epochen auf. Damit ist die Formel ‚Gut-gegen-Böse‘ nicht spezifisch antik und fällt durch das Raster einer Antikenrezeption.
Wie könnte sich dann eine Rezeption des Altertums in einem Märchen grimm’scher Machart äußern? Immerhin scheint eine antike Säule, ein Philosoph in Denker-Pose oder gar ein Hannibal mit einer Kohorte exotischer Elefanten nicht so ganz in unser Bild eines europäischen Märchens zu passen. Und damit liegt man goldrichtig: Die Suche nach jenen Elementen gestaltet sich bisweilen nicht ganz so einfach. Vieles ist nicht auf den ersten Blick zu erkennen, oder – um dies vorweg zu nehmen – zumindest nicht in jüngster Fassung.
Expedition in den Märchenwald: Eine letzte Reisewarnung
Um all dies zu ergründen, begeben wir uns auf eine abenteuerliche Expedition durch den Märchenwald der Zeit. Damit wir uns in seinen Irrungen und Wirrungen nicht verlaufen und den angestrebten Umfang wahren, beschränken sich unsere Wegmarken lediglich auf das Feststellen der Rezeptionen: Sie sind unsere Brotkrumen, die uns wieder hinausgeleiten, hinaus aus dem Wald der antiken schlafenden Schönheit, auf unserer Suche nach dem Dornröschen des Altertums – aber Obacht, es folgt eine letzte Warnung! Um die wuchernde Hecke zu durchstoßen und die Rose der Erkenntnis zu pflücken, muss man Vorsicht walten lassen…
…denn es sind Dornen am Röschen: Von der Dornenhecke zum Feuerring
Aufsatteln: Herleitungen der Grimms
Passenderweise starten wir unsere Reise in der ‚Sattelzeit‘[2]. Also alles aufgesetzt und Sporen geben! 1812 erschienen die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm erstmals. Und heute? Fast jedem dürften Titel wie ‚Das tapfere Schneiderlein‘, ‚Hänsel und Gretel‘, ‚Hans im Glück‘, ‚Rapunzel‘, ‚Rotkäppchen‘ oder eben ‚Dornröschen‘ – um nur ein paar zu nennen – ein Begriff sein. Doch wie gut kennen wir die Kinder- und Hausmärchen wirklich? Sicher, sie sind tief in unserem kulturellen Gedächtnis verankert, so tief, dass sie oftmals als Inbegriff eines Märchens verstanden werden. Doch sind sie tatsächlich Prototyp? Wir werden bald feststellen, dass dem nicht so ist.
Auch die Frage nach der Herkunft märchenhafter Erzählstoffe ist nicht neu: Bereits die Brüder Grimm suchten nach der Historie der von ihnen gesammelten Märchen. Obwohl, richtiger wäre zu sagen, sie glaubten bisweilen die Kunde – ganz nach der Herkunft des Wortes von dem mittelhochdeutschen ‚Maere‘, was soviel wie Kunde oder Bericht bedeutet, als Diminutiv ‚Märchen‘ dann ‚kleine Kunde‘ – der Märchen schon entschlüsselt zu haben: Sie nahmen an, die Märchen würden von den Germanen künden, den vermeintlichen Vorfahren ‚der Deutschen‘.
Die Brüder hegten dabei durchaus wissenschaftliches Interesse, aber auch in der Wissenschaft ihrer Zeit und teilweise auch der nachfolgenden galten die Märchen als Vehikel germanischer Geschichte(n) und Glaubenswelten. Die Niederschriften der Grimms erfolgten also schon unter gewisser vorangestellten Absicht. Ihre Märchen wurden zur Projektionsfläche, die Dornenhecke im Dornröschen wurde zum flammenden Ring um die Halle der Brühnhild, zur Waberlohe Vafrlogi auf dem Hindarfjall, die nur Siegfried durchschreiten und die Walküre anschließend zur Frau nehmen könne.[3] [4]
Ad fontes: „Es soll aber kein Tod sein, sondern ein hundertjähriger tiefer Schlaf“
Einem träumerischen Schlummer müssen die Brüder auch bei der Aussage
„Was die Weise betrifft, in der wir hier gesammelt haben, so ist es uns zuerst auf Treue und Wahrheit angekommen. Wir haben nämlich aus eigenen Mitteln nichts hinzugesetzt, keinen Umstand und Zug der Sage selbst verschönert, sondern den Inhalt so wiedergegeben, wie wir ihn empfangen hatten […].“[5],
anheimgefallen sein. Dies würde jedenfalls erklären, warum Jacob und Wilhelm entgegen ihrer Aussage teils tiefgreifende Änderungen vornahmen. In der handschriftlichen Urfassung von 1810 (Ölberger Handschrift) beispielweise, die für die Fortsetzung von Brentanos Des Knaben Wunderhorn angefertigt wurde, ist es im Dornröschen noch der Krebs, der die Prophezeiung tätigt – ab der zweiten Auflage ist es ein Frosch.
Wie schnell Motive durch die (Auf-)Schreiber personalisier- und austauschbar sind, wird spätestens hier klar: „Der Volksmund spricht, wie ihn der Dichter empfindet.“[6] Dies macht die Suche zwar nicht leichter, führt aber unmissverständlich vor, wie formbar Erzählstoffe sind – bis zu Niederschrift und darüber hinaus. Sie werden zu einem eigenständigen und auch so zu behandelnden Kunstwerk, dem Ausgangspunkt unserer Reise:
Interludium: Ausgangspunkt finales Dornröschen und grimmige Zwischenergebnisse
Ein Königpaar bekam keine Kinder, doch eines Tages prophezeit ein Frosch, dass sie eine Tochter bekommen werden. Zur Feier der eingetretenen Geburt wird ein großes Fest veranstaltet, zu dem der König zwölf weisen Frauen des Landes lädt – die dreizehnte geht leer aus, da der König nur 12 goldene Teller besitzt. Als die Zwölf die Tochter gerade mit allerlei Tugenden bedenken, trifft die Dreizehnte ein: Aus Rache spricht sie halb Fluch, halb Prophezeiung, dass sich die Tochter mit fünfzehn an einer Spindel stechen und daran sterben wird. Die Zwölfte, die ihre Tugend noch nicht gegeben hat, nutzt die Gunst der Stunde, den Todesfluch in einen hundertjährigen Schlaf abzumildern. Obwohl der König daraufhin alle Spindeln verbannen lässt, sticht sich die Prinzessin wie prophezeit an ihrem fünfzehnten Geburtstag an einer Spindel, die dem König trotz all seiner Bemühungen entgangen war. Der Schlaf breitet sich alsdann im gesamten Schloss aus und die Dornenhecke beginnt zu sprießen. Viele Jünglinge versuchten daraufhin ihr Glück, die Prinzessin zu befreien und scheitern allesamt – bis ein Prinz es zur hundertsten Jährung des Schlafes wie von Zauberhand durch die Hecke schafft. Der berühmte Kuss erweckt das Dornröschen und mit ihr erwacht der ganze Hofstaat. Prinz und die Prinzessin heiraten und leben vergnügt bis an ihr Ende.[7]
Zwei Dinge können zwischenzeitlich festgehalten werden: Zum einen gibt es schon bei den Grimms zwei verschiedene Versionen des Dornröschens, zum anderen sind in beiden keine direkten Antikenrezeptionen auszumachen. Doch so ernüchternd diese erste Bestandsaufnahme auch sein mag, hier endet die Fährte nicht, denn Dornröschen soll den Grimms nach eigenen Ausführungen von Marie Hassenpflug erzählt worden sein. So verwundert es nicht, dass die nächste Spur nach Frankreich führt – denn Maries Mutter entstammte einer aus Südfrankreich immigrierten Hugenottenfamilie. Sie führt uns in das Frankreich des 17. Jahrhunderts, in dem 1696 ein Märchen mit dem Titel La belle au bois dormant (Die schlafende Schöne im Walde) veröffentlicht wurde. Der Name des Autors: Charles Perrault (1628-1703).
Perrault: Absolut und aufgeklärt Von Menschenfressern in Morgenröte und Tageslicht
Frankreichs ‚Schlafende Schöne im Walde‘
Auch wenn die mündliche Weitergabe von Erzählungen nach der oben angeklungenen romantischen Vorstellung mittlerweile berechtigterweise in Zweifel gezogen wird[8], ist es nicht unwahrscheinlich, dass Marie Hassenpflug den Stoff Perraults, der zum Dornröschen werden sollte, im Kreise ihrer Familie aufschnappte. Und auch Jacob Grimm notiert über das Dornröschen schlicht und fast schon resignierend: „Dies scheint g[an]z aus Perrault‘s Belle au bois dormant.“[9]
„Nun aber, da das Ende des Zaubers gekommen war, erwachte die Prinzessin und betrachtete ihn mit weit zärtlicheren Augen, als dies eine erste Begegnung gestatten sollte.“[10]
In der Version Perraults fällt der berühmte, die Prinzessin erweckende Kuss weg und ganz im Unterschied zur Grimm-Version – und hier könnte es interessant werden – gebiert die Prinzessin zwei Kinder: „das erste war ein Mädchen und wurde ‚Morgenröte‘ gerufen, das zweite ein Junge, der wurde ‚Tageslicht‘ genannt“[11].
Aurora, Sol und Disneys Dornröschen-Adaption
Seit Walt Disney 1959 seine filmische Bearbeitung des Märchens als Sleeping beauty auf die Welt brachte, dürfte der Name Aurora in Verbindung mit dem Märchen breitere Bekanntheit erlangt haben. Scheinbar hat Disney den Namen für die bei Perrault namenlose Prinzessin nicht zufällig gewählt: Aurora ist die römische Göttin der Morgenröte[12]. Es liegt nahe, dass auch Disney in Perraults Märchen die mythologische Anspielung erkannte und die Namen der eigentlichen Morgenröte in der Form der römischen Gottheit auf ihre Mutter übertragen hat.
Und auch die Familienkonstellation passt auf den Mythos: Aurora besitzt dort ebenfalls einen Bruder, den Sonnengott Sol.[13] Zwar werden die mythologischen Namen bei Perrault nicht zitiert, aber Sol mit Tageslicht zu umschreiben, scheint nicht allzu weit hergeholt. Die Parallelen zumindest sind nicht von der Hand zu weisen.
Ererbte Menschenfleischgelüste: Odysseus, Laistrygonen und Medeia
Nachdem der Prinz eine Nacht in dem erwachten Schloss verbracht hat, muss er fort, um bei seiner Mutter keinen Verdacht zu erregen. Mit der schlafenden Schönen führt er zwei Jahre lang eine heimliche Beziehung – denn die Mutter des Prinzen entstammt einer Familie von Menschenfressern und obwohl sie den ererbten Gelüsten lange nicht gefrönt hat, weiß der Prinz, dass sie an der Prinzessin die Kontrolle verlöre, wenn sie von ihnen wüsste.
Hier treffen wir auf ein auch in der Antike populäres Motiv: das Motiv der Menschenfresser. Odysseus beispielsweise verschlägt es während seiner Irrfahrten in das Land der Laistrygonen.[14] Auch in Ovids (43 v. Chr. – 17 n. Chr.) Metamorphosen taucht die Geschichte auf.[15] Jüngst wird in der Forschung auch auf Parallelen mit der Geschichte um die Zauberin Medeia verwiesen.[16] Eine der bekanntesten Bearbeitungen ist die Argonauten-Geschichte, in der Medeia aus Rache wünscht, den Nachwuchs der neuen Geliebten des Iason zu töten, da er sie verließ.[17]
Allerdings kann eine Rezeption in Perraults Märchen, sowohl im Bezug zu den Laistrygonen, als auch der Medeia, nicht recht dingfest gemacht werden, da es sich lediglich um recht lose Rezeption eines auch schon im Altertum gängigen Motivs handelt und in mannigfaltigen Kontexten und Wandlungen auftreten kann.
Basile: Flachs mich doch nicht – es war eine Spindel!
Von Thalia und den Palikoi
Italien und der Wein: Sonne, Mond – und Thalia?
Der neapolitanische Schriftseller Giambattista Basile (1575-1632) schuf ganz im barocken Stil Italiens des frühen 17. Jahrhunderts in seinem Pentamerone[18] ein Märchen mit dem klangvollen Namen Sonne, Mond und Talia. Nichts im Titel ließe unmittelbar auf eine Verbindung mit dem Dornröschen schließen, und doch: der Stoff aus Basiles Pentamerone ist aus den gleichen Fasern gewoben.
„Talia aber gebar nach neun Monaten ein Zwillingspaar, einen Knaben und ein Mädchen […]. Da sie nun einmal wieder saugen wollten und die Brustwarzen nicht fanden, so erfaßten sie einen Finger und saugten daran so lange, bis sie die Faser herauszogen, worauf Talia wie aus einem tiefen Schlaf zu erwachen schien […].“[19]
Das schlafinduzierende Objekt ist hier keine Spindel mehr, sondern eine Flachsfaser. Und auch der Titel ist für uns schon hochinteressant: Talia meint hier nicht die portugiesische Rebsorte, sondern die heute vor allem durch eine 1919 gegründete Buchhandelskette bekannte Muse der Komödie: Thalia.[20]
Sizilien: Unterirdischer Hort der Palikoi
In der sizilianischen Adaption des Mythos um Thalia gebiert sie die Palikoi-Zwillingsgottheiten. Ihr Vater ist Zeus, seine Gattin Hera für ihre Rachwut berüchtigt. Um dieser zu entgehen, flüchtet sich Thalia für die Geburt unter die schützende sizilianische Erde. Anschließend steigen die Zwilling aus dieser empor – kein Wunder, denn ‚Palikoi‘ bedeutet so viel wie ‚Wiederkehrer‘.[21] Die Zwillinge bleiben im Mythos ebenso namenlos wie in Basiles Sonne, Mond und Talia, allerdings haben wir mit der wortwörtlichen Verwendung des Namens der Muse erstmals einen direkte Rezeption vorliegen, die zudem mit der Familienkonstellation des Mythos übereinstimmt.
Höfische Wege im Perceforest: Es wird dunkel!
Von Themis, Venus, Amor, Troylus und Mars
Märchenforest: Eine konstatierende Reisemitteilung
Im leichten Galopp ging es fast 200 Jahre in die Vergangenheit. Der diachrone Märchenwald hat indes seine Farbschattierungen geändert; fast unmerklich ist es dunkler geworden. Und doch müssen wir noch weiter in das – zumindest, wenn man den Begrifflichkeiten der Frühhumanisten, in Aufwertungsabsicht ihrer eigenen Zeit, Glauben schenken mag – unheimliche Dunkel vorstoßen. Wir müssen wieder nach Frankreich, in das Frankreich der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts: Wir müssen in den mittelalterlichen Perceforest.
Katalonien: Vergil und die Magie
Der Vollständigkeit halber sei vorab erwähnt, dass auch eine katalanische Adaption des Perceforest existiert: die höfische Novelle Frayre de Joy e Sor de Plaser, entstanden um 1350. Die Episode allerdings, die sich um den selben Erzählkern rankt, hat lediglich eine Rezeption vorzuweisen. Dort ist ein gewisser Vergil[22] Berater des Königs von Floriande, dessen Tochter, die schönen Sœur-de-plasir, auf einem Fest entschläft. Da ihr Vater ein frühzeitiges Begräbnis fürchtet, lässt er sie in einem Schloss aufbahren. Der Retter, Frère-de-joie, kann mit Vergils Hilfe den Zauber, dem die Schöne anheimfiel, brechen – denn Vergil wird in mittelalterlichen Erzählungen nicht nur mit Liebesgeschichten, sondern auch mit magischer Kunst in Verbindung gebracht.[23]
Frankreichs mittelalterliche Fundgrube: Themis, Troylus, Amor und Mars
Der Roman de Perceforest ist ein höfischer Roman, der unter der Feder eines anonymen Verfassers um 1330 in mittelfranzösischer Sprache entstand und in dem es heißt:
„Küssen bringt Heilung […] erweckt […] die ins Vergessen geratenen Personen wieder zum Leben […]. Und als er sie rosig erglühen sah, erschien sie ihm so schön, daß er sich länger nicht zurückhalten konnte, sie zu küssen und zwar so oft, daß es kaum zu zählen war.“[24]
Das kommt bekannt vor? Richtig, denn vorab verfluchte die Schicksalsgöttin Themis[25] eine gewisse Zellandine zu einem tiefen Schlaf, sollte sie sich an einer Flachsfaser stechen. Es handelt sich also um eine weitere Version des Dornröschenstoffes und auch unser alter Bekannter, das Motiv des Küssens, gesellt sich wieder zu uns.
Im Perceforest lichtet sich der Vorhang ebenfalls schon im Titel und gibt den Blick auf antikes Personal frei: Troylus[26] ist im Mythos der Sohn von Priamos, des letzten Königs von Troja. Der oben präsentierte Satz stammt von seiner Adaption im Perceforest. Troylus ist der die Prinzessin errettende Prinz, der kurz zuvor von einem gewissen Amor die Empfehlung erhielt, er solle die schlafende Jungfrau einfach küssen. Dieser Amor ist selbstredend die göttliche Personifikation der Liebe der römischen Mythologie.[27]
Ein paar Zeilen später zeigt sich, dass das Geschlecht Zellandines von dem Kriegsgott Mars[28] abstammt:
„Bei meinem Glauben, schöne Schwester, wir haben ein Wunder gesehen, doch können Sie mir gewiss glauben, daß dies Mars ist, der Gott des Krieges, aus dessen Geschlecht wir stammen […].“[29]
So ihr Bruder Zelland über den vermeintlichen Besuch der Götter im Gemach der Schlafenden, in dem sich noch kurz vorher eine prekäre Situation ereignet hat: Ein monologisches Ritterturnier, in dem Troylus‘ fleischliches Verlangen gegen seine nach höfischem Ideal anerzogene Tugend angetreten war.[30] Letzen Endes ist sein hôher muot nicht sonderlich beständig, wurde er doch von den göttlichen Zusprüchen ausgehöhlt, woraufhin er die schlafende Zellandine mit Küssen überhäuft, dass sie „immer rosiger“[31] wurde.
Venus: Geistige und fleischliche Liebe
Weil sie dennoch nicht erwacht, ruft er die Venus[32] an. Sie selbst habe ihm versprochen, dass bei gelingendem Eindringen in Zellandines Gemach „Amor mit einem Lichtstrahl den Ort weisen würde, wo die Frucht liegt, mit der die Jungfrau geheilt werden soll“[33]. Jetzt müsse sie ihn lehren, die Frucht zu pflücken, und sollte Zellandines Heilung misserfolgen, würde er den Freitod wählen. Die Venus erscheint postwendend neben ihm und schilt ihn für seine Torheit, mit einer solch schönen Jungfrau nicht zu schlafen, die er obendrein auch noch so liebe. Als sich Troylus weiterhin zu weigern versucht, ergreift sie die metaphorische Fackel seiner libidösen Glut, facht sie an und es kommt wie es kommen muss: Troylus schlüpft unter die Decke der Jungfrau, bis sie „mit gutem Recht den Namen Jungfrau verlor“[34] und einen tiefen Seufzer ausstößt.
Namen und literarische Motive – kann das alles sein?
Orgasmus und antike Medizin
Mit jenem Seufzer haben wir eine gesonderte Form der Antikenrezeption, ganz abseits von Personal antiker Mythologie. Denn der weibliche Orgasmus, den der Seufzer der Zellandine abbildet, gilt in der Medizin des Altertums als Indikator einer vollzogenen Empfängnis. Vor allem durch die Schriften des Leibarztes Kaiser Justinians, Aetios von Amida, wird dieses medizinische Wissen im Mittelalter rezipiert und findet so Eingang in den Perceforest. [35]
Das Märchen: Eine antike Gattung?
Eine weitere Art von Rezeption, wäre die Frage nach der literarischen Form, nach der Gattung ‚Märchen‘. Gab es diese Literaturform bereits in der Antike? Wieder einmal lautet die Antwort: ja und nein. Zwar sind märchenhafte Motive schon in der Antike nachzuweisen – im Besonderen bei Apuleius Amor und Psyche –, allerdings ist das Märchen in seiner heutigen Konzeption als nachantik zu beurteilen, vielmehr entsteht es erst in der Neuzeit.[36] Die Ähnlichkeit der Formulierung des Anfangs von Apuleius‘ Amor und Psyche zu dem hier verhandelten Dornröschen ist aber durchaus bemerkenswert. So heißt es bei Apuleius: „Es waren in einer Stadt ein König und eine Königin, die hatten drei Töchter“[37]. Bei den Grimms: „Vor Zeiten war ein König und eine Königin, die sprachen jeden Tag: ‚Ach, wenn wir doch ein Kind hätten!‘ und kriegten immer keins“[38].
Psychologische Märchenforschung: Mentale Programme aus der Antike?
Ein letztes, das hier noch aufgezeigt werden soll, ist die Perspektive der psychologischen Märchenforschung, die neben weiteren mentalen Programmen auch nach den sogenannten Archetypen sucht. Archetypen aus der Antike? Aus zwei Gründen ist die Untersuchung vermeintlich antiker Archetypen problematisch: Zum einen soll es sich bei diesen per definitionem um übergeordnete, seit Menschengedenken existierende Muster handeln und sind somit, ähnlich der ‚Gut-gegen-Böse-Konzeption‘, ebenfalls nicht spezifisch antik.
Zum anderen ist hier das Erbringen eindeutiger Belege wieder einmal schwierig. Häufig können nur Ähnlichkeiten festgestellt werden und auch die Existenz von Archetypen in Märchen wird heutzutage angezweifelt: „Weder Märchen noch Mythos sind aber unveränderlich und gleichsam archetypisch seit jeher vorgegeben beziehungsweise vorhanden.“[39] Vielmehr handelt es sich erneut um anthropologische Konstanten, um condition humaine, und ein folgendes Beispiel soll kurz die Problematik des psychoanalytischen Ansatzes zugespitzt illustrieren.
Erich Fromm: Das Rotkäppchen und der Sieg über den Mann
Fromms träumerischer Schlummer
In seinem Buch Märchen, Mythen, Träume setzt sich der bekannte Psychoanalytiker Erich Fromm auch mit den Märchen der Brüder Grimm auseinander. Gleich im ersten Satz schließt er: „Das ‚Rotkäppchen‘ ist ein Symbol der Menstruation.“[40] Auf dieser mehr Annahme als alles andere baut er seine gesamte Argumentation auf und gelangt zu dem Schluss, dass das Märchen Rotkäppchen nichts anderes sei als der Sieg des Weiblichen über das Männliche. Es sei sogar eine Verhöhnung der Maskulinität, da der böse Wolf (als Personifikation des Männlichen) mit einem typisch weiblichen Attribut pervertiert würde, gebiere er doch über einen Kaiserschnitt die Großmutter und das Rotkäppchen, über die er noch kurz vorher selber durch Auffressen gesiegt habe.[41]
Asklepios: Ein antiker Kaiserschnitt?
Der Kaiserschnitt seinerseits taucht auch schon in mythologischen Kontexten der Antike auf. Asklepios[42], der griechische Gott der Heilkunst, wird beispielsweise aus dem Leib seiner Mutter geschnitten, nachdem sie von der Artemis zur Strafe auf einem Scheiterhaufen verbrannt worden war.[43] Ob der vermeintliche Kaiserschnitt im Rotkäppchen aber als derart ‚typisch weiblich‘ gelten kann, um so ‚das Männliche‘ überhaupt pervertieren und verspotten zu können, bleibt in der Absolutheit der Interpretation Fromms doch recht gewagt. Seine Sicht scheint eher eine moderne, rückprojizierende Leseart des 20. Jahrhunderts zu sein. Doch selbst wenn Fromms Argumentation stichhaltiger wäre, würde das Obsiegen des Weiblichen über das Männliche ein derart weit gefasstes Motiv sein, dass es überall und nirgends zu finden wäre.
Conclusio
Erzählen ist nicht nur „anthropologische Grundkonstante“[44], Erzählungen, auch in der von Umberto Eco schön als „pflanzliches Gedächtnis“[45] beschriebenen Papierform, sind kulturstiftend. Wie uns schon das Beispiel der verschiedenen Fassungen der Grimms gezeigt hat, bedeutet die schriftliche Fixierung allerdings nicht, dass sie vor Veränderungen und Aktualisierungsprozessen gefeit sind. Umso erstaunlicher und faszinierender ist es, wie mythologische Inhalte der Antike dennoch, wenn auch verschachtelt, im europäischen Volksmärchen auftauchen: Nach zum Teil über zweitausend Jahren und in einer Literaturform, die eben nicht antik ist. Zum Teil sind direkte namentliche Rezeptionen und solche antiker Vorstellungswelten zu finden, zum Teil einfachere Parallelen zu Erzählsträngen der antiken Mythologie und Literatur. Auffällig ist, dass in unserem Beispiel – bis auf die Göttin Themis – lediglich die Namen der römischen Mythologie auftauchen.
Zu Beginn wurde gezeigt, wie auch wir das Phänomen der Märchen mit einem persönlichen Kleid aus Emotionen, Bildern und Erinnerungen überwerfen. Dass vermeintliche Belege für angenommene Rezeptionen eher gesehen werden als die Belege, die gegen eine (Vorab-)Annahme sprechen, ist dadurch ersichtlicher geworden: Wer sucht, der findet. Ob und inwieweit diese Prozesse bei den Grimms bewusst oder unbewusst vonstattengegangen sind, sei dahingestellt. Ein Begriff der Kognitionspsychologie könnte den Vorgang umreißen: Der Bestätigungsfehler, „die Tendenz, nach Informationen zu suchen, die eine vorgefasste Meinung bestätigen, und Hinweise zu ignorieren oder zu verzerren, die dieser Meinung widersprechen.“[46] Allerdings macht auch genau das ihren Reiz aus: Erzählstoffe zu personalisieren und aktualisieren hält sie lebendig, erhält ihre Bedeutsamkeit.
So besteht die Rose, die wir zu Beginn zu pflücken gedachten, in ihrem Wurzelwerk zu Teilen aus durchaus aufzeigbaren Rezeptionen antiker Elemente. Da ihre Wurzeln aber tief in den Untergrund dringen können, ist vieles nicht oder nicht sofort ersichtlich: Man muss tief genug graben und dabei vorsichtig mit Dornen des Bestätigungsfehlers an Stiel und Blattwerk verfahren. Ihre Knospe dann scheint weniger aus absoluter Erkenntnis, als vielmehr aus dem Erkennen der in ihr schlafenden Schönheit alter Erzählungen gemacht zu sein. Und damit diese weiter sprießen und gedeihen kann, graben wir das dornige Röschen lieber an Ort und Stelle wieder ein, belassen es vital dort, wo es hingehört, und treten mit den charmanten Worten eines Buchtitels von Max Lüthi aus dem Märchenwald hinaus: So leben sie noch heute.[47]
Über den Autor
Henrik Maria Winterscheid studiert an der Universität Bonn Geschichte und Germanistik.
Quellen
Apuleius: Der goldene Esel., übers. von. Edward Brandt, Berlin: De Gruyter. 2012.
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Grimm, Jacob, Wilhelm Grimm und Ludwig Richter: Kinder- und Hausmärchen, Vollst. Ausg Aufl., Hamburg: Nikol-Verl 2014.
Grimm, Jacob und Wilhelm Grimm: Kinder- und Hausmärchen: die handschriftliche Urfassung von 1810, hrsg. v. Heinz Rölleke, Stuttgart: Reclam 2007 (Reclams Universal-Bibliothek 18520).
Ovid: Metamorphosen lateinisch-deutsch, hrsg. v. Niklas Holzberg, Berlin ; Boston: De Gruyter 2017 (Sammlung Tusculum).
Perrault, Charles: Sämtliche Märchen, übers. von. Doris Distelmaier-Haas und Gustave Doré, Nachdr. Aufl., Stuttgart: Reclam 2006 (Reclams Universal-Bibliothek 8355).
Literatur
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Eco, Umberto: Die Kunst des Bücherliebens, übers. von. Burkhart Kroeber 2016.
Eiben, Susanne und Sotera Fornaro: „Troilos“, in: Der Neue Pauly (01.10.2006), https://referenceworks.brillonline.com/entries/der-neue-pauly/troilos-e1221520?s.num=0&s.rows=20&s.mode=DEFAULT&s.f.s2_parent=der-neue-pauly&s.start=0&s.q=troilus (abgerufen am 17.12.2019).
Fromm, Erich: Märchen, Mythen, Träume: eine Einführung in das Verständnis einer vergessenen Sprache, 17. Aufl., Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 2001 (rororo rororo-Sachbuch 7448).
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Renger, Almut-Barbara: Zwischen Märchen und Mythos: die Abenteuer des Odysseus und andere Geschichten von Homer bis Walter Benjamin ; eine gattungstheoretische Studie, Stuttgart: Metzler 2006.
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Rölleke, Heinz (Hrsg.): Grimms Märchen und ihre Quellen: die literarischen Vorlagen der Grimmschen Märchen, Trier: WVT, Wiss. Verl. Trier 1998 (Schriftenreihe Literaturwissenschaft, Bd. 35).
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Anmerkungen
[1] Grimm, Jacob, Wilhelm Grimm und Ludwig Richter: Kinder- und Hausmärchen, Vollst. Ausg Aufl., Hamburg: Nikol-Verl 2014, S. 246.
[2]Der Begriff geht auf den Historiker Reinhart Koselleck (1923-2006) zurück und umschreibt den Übergang der Neuzeit in die Moderne (ca. 1750-1850) mit der Metapher eines Sattels. Gemeint ist eigentlich der Bergsattel. Die epochalen Einschnitte der Zeit (u.a. Französische Revolution, Industrielle Revolution, Märzrevolution) beeinflussten die Kunst nachhaltig und so auch die Märchen der Brüder Grimm.
[3]Hier sei noch erwähnt, dass durchaus Parallelen zu erkennen sind: Eine weibliche (Helden-)Gestalt (Brünhild in der Nordischen Mythologie, das Dornröschen bei den Grimms) und ein eine Burg abschirmender, undurchdringlicher Ring (in den nordischen Mythen dann aus Feuer, im Dornröschen aus Dornen) sind beispielsweise auch in der Edda des Isländers Snorri Sturlusons (um 1220) erwähnt. Allerdings wird die Authentizität seiner Edda schon länger in Zweifel gezogen, da Island mit dem Schiedsspruch des Thorgeir 999 als christianisiert gilt und der christlich-kulturelle Einflussnahme die Inhalte der Snorri-Edda verfälscht haben wird. Somit sind Parallelen mit Snorris Edda nicht als Beleg zu werten, dass es sich um alte germanische Vorstellungen handle. Siehe dazu auch: Simek, Rudolf: Die Edda, eBook Aufl., München: Verlag C.H.Beck 2015 (Beck’sche Reihe Wissen 2419), S. 9 ff. und zur Geschichte der Christianisierung: Padberg, Lutz von: Die Christianisierung Europas im Mittelalter, 3. Auflage Aufl., Stuttgart: Reclam 2015 (Reclams Universal-Bibliothek, Nr. 18641 : Reclam-Sachbuch), S. 136 ff.
[4]Die Wurzeln des Volksmärchens sollten besonders weit in die Vergangenheit reichen, da es mündlich über Jahrhunderte hinweg von Generation zu Generation weitergegeben und eben nicht schriftlich fixiert worden sei. Die Grimms gingen in ihrem Sammlungsprozess dabei wie folgt vor: Um die gesammelten Märchen von dem Unrat der mündlichen Tradierung zu reinigen, ordneten sie die Märchen nach Ähnlichkeit bei und schrieben sie schließlich zusammen. Denn sie wollten den vermeintlichen Urtyp der Erzählungen rekonstruieren und glaubten dies durch den Mittelwert der verschiedenen Versionen und durch Reduktion des Inhalts erreichen zu können – durch Eingriffe, die den Stil des Märchens maßgeblich prägten, sich bald zu einem eigenständigen Stil fügten, einer Gattung, die in der Forschung nur noch als ‚Gattung Grimm‘ verhandelt wird. Den Begriff prägte André Jolles. (Siehe dazu: Jolles, André: Einfache Formen: Legende, Sage, Mythe, Rätsel, Spruch, Kasus, Memorabile, Märchen, Witz 2010, S. 219.). Unter der Feder der Brüder wurde das mündlich weitergegebene Märchen zu einem Buchmärchen.
Zunächst wurde der Begriff Volksmärchen bis ins 18. Jh. hinein synonymisch für ‚Märchen‘ verwendet. Im 18. Jh. etablierten sich dann die weiteren Gattungsdifferenzierungen in Kunst-, Volks- und Wirklichkeitsmärchen, wobei die Übergänge (sowohl in Ausdifferenzierung als auch Gattungskriterien) fließend sind. Siehe dazu: Neuhaus, Stefan: Märchen, 2., überarbeitete Auflage Aufl., Tübingen: A. Francke Verlag 2017 (UTB Literaturwissenschaft 2693), S. 2 ff.
[5] Grimm/Grimm/Richter: Kinder- und Hausmärchen, S. 16.
[6]Mazenauer, Beat, Severin Perrig und Peter Bichsel: Wie Dornröschen seine Unschuld gewann: Archäologie der Märchen, 1. Aufl., Leipzig: Kiepenheuer 1995, S. 7.
[7]Zusammenfassung des finalen Dornröschens der Brüder Grimm nach der zweiten Buchausgabe von 1815.
[8]Hier sei vor allem auf die Studien von Rudolf Schenda verwiesen, der betont, dass eine Vielzahl von Faktoren zusammenkommen müssen, bis es überhaupt zur Performanz komme: dem Akt des Erzählens. Dieser entspräche weiterführend nicht unserer romantischen Vorstellung des allabendlichen Erzählens am heimischen Kamin. Vor allem die Arbeit nahm die zentrale Stellung im Alltag ein; Das Leben musste primär mit Nahrung, nicht mit Geschichten unterhalten werden. Siehe dazu: Schenda, Rudolf: Von Mund zu Ohr: Bausteine zu einer Kulturgeschichte volkstümlichen Erzählens in Europa, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1993 (Sammlung Vandenhoeck), S. 83 ff.
[9] Grimm, Jacob und Wilhelm Grimm: Kinder- und Hausmärchen: die handschriftliche Urfassung von 1810, hrsg. v. Heinz Rölleke, Stuttgart: Reclam 2007 (Reclams Universal-Bibliothek 18520), S. 111.
[10]Perrault, Charles, Doris Distelmaier-Haas und Gustave Doré: Sämtliche Märchen, Nachdr. Aufl., Stuttgart: Reclam 2006 (Reclams Universal-Bibliothek 8355), S. 63.
[11]Ebd., S. 65.
[12]Aurora (griech. Eos) ist die Göttin der Morgenröte. Sie hebt sich jeden Morgen aus dem Okeanos, ist Mutter der Winde und der Sterne. Sie ist Tochter der Titanen Hyperion und Theia. Ihre Geschwister sind nach Hesiod Selene und Helios (Hes. Theog. 371ff.). In der antiken Literatur kommt sie unter anderem auch bei dem ihre außerordentliche Schönheit herausstellenden Homer vor (Hom. Il. 8,1). Siehe dazu weiterführend: Scheer, Tanja: „Eos“, in: Der Neue Pauly (01.10.2006).
[13]Sol ist Sonnengott der römischen Mythologie und entspricht dem griechischen Helios, ist aber keine Entlehnung von diesem, sondern einheimischen Ursprungs (er wurde als „Sol indigens“ zusammen mit Luna verehrt). Neben den ebenfalls ikonografischen Ähnlichkeiten teilen sie die Gemeinsamkeit, dass sie in den jeweiligen Mythologien nicht gesondert als Persönlichkeit auftreten. Besonders bekannt ist die „Sol invictus“-Verehrung ab dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert. Siehe dazu weiterführend: Gordon, Richard L. und Martin Wallraff: „Sol“, in: Der Neue Pauly (01.10.2006).
[14]Die Laistrygonen sind ein mythisches Volk der Riesen. Bei Homer gerät Odysseus auf seinen Irrfahrten in ihre Lande. Zunächst werden sie freundlich empfangen. Dies kippt, als ein Grieche von dem König der Laistrygonen gefressen wird und sich die anderen daraufhin über die gesamte Flotte hermachen – es entkommt nur das Schiff des Odysseus (Hom. Od. 10, 81-132). Siehe dazu weiterführend: Nünlist, René: „Laistrygonen“, in: Der Neue Pauly (01.10.2006).
[15]Ov. Met. 14, 233-243.
[16]Vgl. Mazenauer/Perrig/Bichsel: Wie Dornröschen seine Unschuld gewann, S. 68.
[17]Medeia (lat. Medea) ist eine zauberbefähigte, weibliche Gestalt der griechischen Mythologie, die schon in der Antike stark rezipiert wurde. Nach Hesiods Theogonie (956ff., 992ff.) ist sie Tochter des Königs Aistes von Klochis und der Okeanide Idyia, bei Diod. (4,45,3) der Hekate. In das Gebiet ihres Vaters geraten die Argonauten unter Iason, um das Goldene Vlies, das dieser hütet, zu ergattern. Medeia hilft Iason, da sie Gefühle für ihn hegt. Sie heiraten, doch als Iason ihren Bund bricht, um die Tochter des Kreon von Korinth heiraten zu können, ermordet Medeia aus Rache Kreon, Iasons neue Tochter sowie die eigenen Kinder. Es existieren Medeia-Tragödien von Euripides und Seneca, die bekannteste Bearbeitung dürfte aber die Argonauten-Geschichte von Apollonius von Rhodos sein, die Argonautika. Siehe dazu weiterführend: Dräger, Paul: „Medeia“, in: Der Neue Pauly (01.10.2006).
[18]Das Pentamerone wurde (selbstredend in Anlehnung an das berühmte Decamereone von Giovanni Boccacio) von der Schwester Basiles posthum in den Jahren 1634-36 veröffentlicht. Es beinhaltet 50 (penta) Geschichten, die in einer Rahmenhandlung eingebettet als Erzählung erzählt werden.
[19] Basile, Giambattista: Das Märchen aller Märchen: „Der Pentamerone“- Fünfter Tag (Band 5), Bd. 5, hrsg. v. Walter Boehlich, übers. von. Felix Liebrecht, Frankfurt am Main: Insel-Verl (Insel-Taschenbuch 354), S. 58.
[20]Thalia (greich. Thaleia) ist die Muse der Komödie und tritt neben dem Werk des Hesiods auch in Vergils Eclogae auf (6, 2). Ihr Attribut ist die komische Theatermaske und ist auch Muse für literarische Kleinformen. Siehe dazu weiterführend: Walde, Christine: „Thaleia“, Der Neue Pauly, Brill 2006.
[21]In der sizilianischen Adaption gilt Thalia als Nymphe. Erwähnt werden die Palikoi in Aischylos‘ Aitanaiai. Duketios machte das Heiligtum zum Bundesheiligtum und die nahegelegene Hauptstsadt seines Sikulerreiches benannte er nach den Zwillingen: Palike. 1962 ist das Heiligtum der Palikoi identifiziert worden: Eine Grotte nahe dem See von Naftia, gelegen westlich der Stadt Palagonia in Sizilien. Siehe dazu weiterführend: Lamboley, Jean-Luc: „Palikoi“, in: Der Neue Pauly (01.10.2006).
[22] Vergil (70-19 v. Chr.) – vollständig Publius Vergilius Maro –, wird zuweilen als wichtigster Literat der römischen Klassik gehandelt. Seine bekanntesten Werke sind die Aeneis, die Eklogae und die Georgica. Besonders im Mittelalter wurde Vergil stark rezipiert, sein Werk ist aber auch heute noch Schullektüre.
[23] Vgl. Mazenauer, Beat, Severin Perrig und Peter Bichsel: Wie Dornröschen seine Unschuld gewann: Archäologie der Märchen, 1. Aufl Aufl., Leipzig: Kiepenheuer 1995, S. 33.
[24]Übersetzung des Perceforest nach: Mazenauer/Perrig/Bichsel: Wie Dornröschen seine Unschuld gewann, S. 29.
[25]Themis ist die griechisch-göttliche Personifikation des Rechts. Der Titanin werden als Schutzherrin des Orakels von Delphi auch prophetische Fähigkeiten zugesprochen, mit denen sie beispielsweise Zeus davor warnt, Thetis zu heiraten. Siehe dazu weiterführend: Käppel, Lutz: „Themis“, in: Der Neue Pauly (01.10.2006).
[26]Troylus (griech. Troilos) wird unter anderem bei Homer erwähnt (Hom. Il. 24,257) und zahlreiche ihn zeigende Darstellungen archaischer Zeit lassen auf eine zeitweise hohe Popularität der Figur schließen. Siehe dazu weiterführend: Eiben, Susanne und Sotera Fornaro: „Troilos“, in: Der Neue Pauly (01.10.2006).
[27]Amor ist Sohn der Aphrodite und wurde in früherer Zeit als Personifikation der sexuellen Liebe verstanden. Im Kontext des Perceforest taucht er in der Rolle des Helfers der Aphrodite/ Venus auf, indem er Troylus in das Gemach der schön schlafenden Zellandine verhilft. Amor wird mit der archaischen Dichtung immer mehr zum Inbegriff der individuellen Liebe (Hes. theog. 121f.), bis er in hellenischer Zeit zum infantilen, gegen die Vernunft handelnden Knaben degradiert wird. Siehe dazu weiterführend: Graf, Fritz und A. R. Birley: „Eros“, in: Der Neue Pauly (01.10.2006).
[28]Mars ist gemeinhin der römische Kriegsgott, zählt aber zu den ältesten ital.-röm. Gottheiten. Man geht heute davon aus, dass seine ursprüngliche Funktion mit der des Kriegsgottes überlagert und das Kriegerische von der Aristokratie bewusst in den Vordergrund gestellt wurde. Siehe dazu weiterführend: Gordon, Richard L. und Anne Ley: „Mars“, in: Der Neue Pauly (01.10.2006).
[29] Übersetzung des Perceforest von Mazenauer/Perrig/Bichsel: Wie Dornröschen seine Unschuld gewann, S. 32.
[30]Mhd. hôher muot als höfisches, tugendhaftes Ideal. Siehe dazu: Bumke, Joachim: Höfische Kultur: Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter, Originalausg Aufl., München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1986, S. 381 ff.
[31]Mazenauer/Perrig/Bichsel: Wie Dornröschen seine Unschuld gewann, S. 29.
[32]Venus ist die römische Adaption der aus dem griechischen Pantheon stammenden Aphrodite und ist in der Forschung unterschiedlich ausgelegt worden. Sie ist im Schnitt die Göttin der Liebe, aber auch der Schönheit und des Verlangens in sexueller Auslegung. Siehe dazu weiterführend: Rives, James B.: „Venus“, in: Der Neue Pauly (01.10.2006).
[33]Übersetzung nach Mazenauer/Perrig/Bichsel: Wie Dornröschen seine Unschuld gewann, S. 30.
[34]Übersetzung nach Ebd., S. 31.
[35]Vgl. ebd., S. 61.
[36]Vgl. Renger, Almut-Barbara: Zwischen Märchen und Mythos: die Abenteuer des Odysseus und andere Geschichten von Homer bis Walter Benjamin ; eine gattungstheoretische Studie, Stuttgart: Metzler 2006, S. 145 ff.
[37] Apuleius: Der goldene Esel., übers. von. Edward Brandt, Berlin: De Gruyter. 2012, S. 159.
[38] Grimm, Jacob, Wilhelm Grimm und Ludwig Richter: Kinder- und Hausmärchen, Vollst. Ausg Aufl., Hamburg: Nikol-Verl 2014, S. 244.
[39] Mazenauer/Perrig/Bichsel: Wie Dornröschen seine Unschuld gewann, S. 13.
[40]Fromm, Erich: Märchen, Mythen, Träume: eine Einführung in das Verständnis einer vergessenen Sprache, 17. Aufl., Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 2001 (rororo rororo-Sachbuch 7448), S. 159.
[41]Vgl. ebd. f.
[42] Asklepios ist der griechische Gott der Heilkunst. In den meisten Fällen gilt er als Sohn Apollons und einer Sterblichen, es existieren aber auch andere Zuschreibungen. Der Name ist nicht etymologisch zu deuten, wird aber in vorgriechischer Zeit verortet. In Homer Illias (4,194) wird er als tadelloser Arzt beschrieben. In Rom wurde er als Aesculapius verehrt. Siehe dazu weiterführend: Graf, Fritz und Anne Ley: „Asklepios“, in: Der Neue Pauly (01.10.2006).
[43] Ov. Met. 2, 605
[44]Martínez, Matías (Hrsg.): Handbuch Erzählliteratur: Theorie, Analyse, Geschichte, Stuttgart: Metzler 2011, S. 79.
[45]Eco, Umberto: Die Kunst des Bücherliebens, übers. von. Burkhart Kroeber 2016, S. 11.
[46]Myers, David G. und Siegfried Hoppe-Graff: Psychologie, 3., vollst. überarb. und erw. Aufl Aufl., Berlin: Springer 2014 (Springer-Lehrbuch), S. 371. Der Begriff des Bestätigungsfehlers (confirmation bias) stammt von dem englischen Psychologen Peter Wasen, der in den 60er Jahren entsprechende Experimente durchführte.
[47]Max Lüthi (1909-1991) war ein Schweizer Märchenforscher. Eines seiner Bücher ist So leben sie noch heute: Betrachtungen zum Volksmärchen, 2., durchges. Aufl Aufl., Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 1976 (Kleine Vandenhoeck-Reihe ; 1294).
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Hochinteressanter Beitrag und wirklich ein fantastisches Lesevergnügen!
Das freut mich zu hören, lieben Dank!