Veröffentlicht: 9. September 2019 – Letzte Aktualisierung: 11. August 2020
Die brandneue Comic-Reihe „Mythkillers“ lässt alle möglichen mythischen Figuren diverser Kulturen in unserer heutigen Welt real werden. Das ist mittlerweile zwar keine sonderlich neue Idee mehr („American Gods“, „Percy Jackson“ etc.), doch verdient „Mythkillers“ dennoch unsere Aufmerksamkeit, da zwei der Hauptpersonen der Geschichte engste Verbindungen zur griechischen Mythologie aufweisen.
Die Protagonistin: Amanda Polias
Amanda trägt zwar einen lateinischen Vornamen (die Liebenswerte), doch verweist der Nachname ganz deutlich auf die Göttin Athene, die den Beinamen „Polias“ in ihrer Funktion als Stadtgöttin von Athen (und anderen Städten) trägt. Tatsächlich ist Amanda eine Tochter der Göttin der Weisheit, des Kampfes und der Künste und dementsprechend eine Halbgöttin. Wer der Vater ist bzw. ob es überhaupt einen Vater gibt, bleibt offen. Sicher ist nur, dass Athene Amanda gentechnisch modifizierte und danach in die Obhut menschlicher Pflegeeltern übergab.
Und Amanda macht ihrer Mutter alle Ehren. Denn sie ist so gut darin, sich Wissen und Fertigkeiten anzueignen, dass sie mit 18 Jahren ihren Abschluss in Medizin macht. Doch hat sie von den Atributen ihrer göttlichen Mutter auch hinsichtlich des Kämpfens einiges geerbt. So führt sie ein heimliches Parallelleben, indem sie Monster und andere mythische Figuren bekämpft, von denen bisher nur eine Gorgone gezeigt wurde. Andererseits ist Amanda aber alles andere als gut darin, Beziehungen zu „normalen“ Menschen zu pflegen. Umso besser versteht sie sich mit Maccabee Zeira – gemannt Mac. Mac ist ein Golem, der während des 2. Weltkriegs geschaffen wurde, um Amandas jüdische Pflegefamilie sicher aus Deutschland fortzubringen. Nun ist es die Aufgabe des Golems, Amanda zu begleiten und zu beschützen.
Im ersten Band der Reihe wird kaum etwas über die Beziehung zwischen Athene und Amanda gesagt, was sicherlich auch damit zusammenhängt, dass die Göttin noch keinen Auftritt in der Geschichte hatte. Interessant ist jedenfalls, dass Athene nicht rein positiv, sondern als manipulativ charakterisiert wird. So ist Amanda bewusst, dass ihre Mutter sie zur Erfüllung eines noch unbekannten höheren Zieles geschaffen hat und dass dieses Ziel keineswegs zwingend als positiv einzustufen sein muss.
Der unsterbliche Troja-Veteran: Dee Tyson
Dee Tyson ist die an ein modernes Umfeld angepasste Form des Namens Diomedes Tydides (= Sohn des Tydeus). Diomedes kämpfte auf Seiten der Griechen im Trojanischen Krieg und erwies sich dort als einer der größten Helden. Mit Hilfe der Göttin Athene verwundete er im Kampf den Trojaner Aineias sowie die Liebesgöttin Aphrodite und den Kriegsgott Ares, die Aineias beschützen wollten. In der homerischen „Ilias“ widmen sich gleich zwei der 24 Gesänge (Kapitel) dieser Aristie des Diomedes (Ilias 5 und 6). Es gibt noch viele weitere Heldengeschichten um Diomedes, der immer wieder einen engen Bezug zur Göttin Athene aufweist, die ihn laut dem Dichter Pindar zu einem unsterblichen Gott machte (Nemea 10,7).
In „Mythkillers“ wird Diomedes für seine Heldentaten hart bestraft. Denn nachdem seine Schutzgöttin Athene ihn mit Unsterblichkeit versehen hatte, verfluchten Ares und Aphrodite ihn zu einem schlimmen Schicksal:
„Century after century, he must suffer under a curse by both the Goddess of Love and God of War to live without love or glory until the end of time. He has spent the last few years teaching in the classics department of Georgetown University, which has neither.“ (S.4)
Mittlerweile hat Dee seine akademische Karriere an den Nagel gehängt und führt zusammen mit seinem Partner Sipho, einer Art männlicher Zulu-Fee, ein Ebay-Geschäft. Doch wie Amanda bekämpft er insgeheim finstere Gestalten, sodass sich eines Tages ihre Wege kreuzen, was aufgrund der engen Beziehung, die beide Charaktere zur Göttin Athene haben, sicherlich kein Zufall ist.
Gedanken zum ersten Mythkiller-Heft
Geschichten müssen sich immer erst entwickeln, weshalb es schwierig ist, auf Basis des ersten Heftes, das den Titel „Long Knives, Short Deaths“ trägt, einen umfassenden Eindruck zu gewinnen. Klar ist aufgrund vielerlei Umstände, dass das antike Element in den folgenden Heften sicherlich ausgeprägter in Erscheinung treten wird. Deutlich ist auch, dass hier keine reine Schwarzweißmalerei vorliegt, sondern es – wie bei der Göttin Athene – auch viele Schattierungen im Graubereich gibt.
Richtig gut gefällt mir die Entscheidung, Diomedes zum Hauptcharakter auszuwählen, da mir dieser Held im kulturellen Gedächtnis im Vergleich zu anderen Charakteren des Trojanischen Krieges wie zum Beispiel Ajax immer etwas zu kurz zu kommen scheint. Interessant finde ich auch, wie Amanda die Gorgone tötet, indem sie mit verbundenen Augen gegen sie kämpft, um nicht durch ihren Anblick in Stein verwandelt zu werden.
Autor Chris Hepler und die griechische Mythologie
An dem Projekt sind mehrere kreative Köpfe beteiligt, die Ihr Euch hier alle in Ruhe anschauen könnt. Für die Bezüge zum Trojanischen Krieg scheint mir im Besonderen Autor Chris Hepler verantwortlich zu sein, der bereits in der 5. Klasse ein Theaterstück über den Kampf um Troja verfasste, wie er selbst auf seiner Internetseite schreibt. Selbst im Newsletter baut er gerne Bezüge zur Ilias ein.1
So bin ich insgesamt betrachtet sehr gespannt auf die folgenden Hefte der Reihe! Falls mein Beitrag Euer Interesse an der Erzählung geweckt haben sollte, könnt Ihr Euch hier noch einen Trailer zum Comic ansehen:
- Römische Blutsauger: Tote beißen nicht (Libri I-III) - 29. November 2024
- Die Bibliothek von Alexandria in „The Atlas Six“ - 28. Oktober 2024
- [Fantastische Antike – Der Podcast] Progressive Phantastik - 21. September 2024
Anmerkungen
- Im Update #24 der Kickstarter-Kampagne zur Finanzierung des Projekts heißt es: You want another milestone for our little indie comic? We’ve got your milestone, and it’s a stone that in our day, no two men could lift! (Sorry, Chris wrote this and he’s prone to Iliad references… seriously, what was up with all the thrown rocks in that story?)
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