Veröffentlicht: 28. April 2018 – Letzte Aktualisierung: 10. August 2022
„Augenblick der Ewigkeit“ ist der erste veröffentlichte Roman der Autorin Cara D. Strange und soll den Auftakt zu einer Science Fiction-Reihe bilden, die den Titel „Sha’an – Chroniken der Ewigkeit“ trägt, für die bereits eine Verfilmung und ein Computerspiel in Planung zu sein scheinen.
Da ich auf meinem Blog in der Regel nur wissenschaftliche Literatur rezensiere, will ich nicht viel zum Inhalt sagen, sondern diesbezüglich einfach auf die Seite des Art Skript Phantastik Verlags verweisen, auf der Ihr alle wichtigen Informationen zu Inhalt und Autorin findet.
Auf den ersten Blick passt das Buch hier nicht so recht auf meinen Blog, da strenggenommen nicht sonderlich viel Rezeption der Antike vorliegt. Stattdessen fällt zunächst einmal auf, dass der Protagonist auf den Namen Ian McKay hört, was natürlich nicht zufällig nach Schottland klingt. Tatsächlich ist Ians ganzes Volk nach dem Vorbild schottischer Clans konzipiert worden, wozu dann auch die Raumschiffnamen passen, die der keltischen Mythologie entstammen. Da hätten wir zum Beispiel die BeanSidhe, die nach einem Wesen benannt ist, das uns heute wohl eher unter dem Namen Banshee geläufig ist (Bean Sídhe ist eine ältere Schreibweise des Wortes) und auf das wir in Kürze zu sprechen kommen werden. Ein anderes Schiff heißt TeinSidhe, was sich auf ein der Banshee ähnliches Wesen bezieht, das allgemein Unglück ankündigt und wohl bekannter unter der Bezeichnung Sheerie ist. Auch der Schiffsname Farliath entstammt diesem Kontext und bezieht sich auf ein Wesen namens Far Liath oder Fear Liath, das gelegentlich mit dem Yeti oder Bigfood verglichen wird, aber auch als eine Art Nebel beschrieben wird. [Das Oxford Dictionary of Celtic Mythologie wäre hier sicherlich eine größere Hilfe als die Wikipedia, aber ich muss das erstmal per Fernleihe bestellen.] Schließlich stammt Ians Volk vom Planeten Doregan, was von der irischen Grafschaft Donegal abgeleitet ist.
Photo: Michael Kleu
Auch das übermächtige Raumschiff Melnir, das ursprünglich Adrian Volvor, einem Gegenspieler der Protagonisten, gehörte, trägt einen Namen, der der Leserschaft trotz einer gewissen Entfremdung des ursprünglichen Wortes bekannt vorkommen könnte. Denn Du’an, ein weiterer Gegenspieler der Protagonisten, übersetzt Melnir mit „Zerstörer“ und verweist darauf, dass es aus einer uralten Sprache stamme, die keine Verwendung mehr finde. Damit wird klar, dass es sich um eine Abwandlung von Mjölnir handelt, dem magischen Hammer Thors aus der nordischen Mythologie.
Aber kommen wir zurück zu den BeanSidhe. Denn nach diesen ist nicht nur das oben aufgeführte Schiff benannt, sondern auch ein mit besonderen Kräften versehenes Volk vom Planeten Sha’an, das verschiedene andere Völker aus uralten Mythen kennen und daher für nicht real halten. Dementsprechend überrascht sind Ian McKay und weitere im Roman auftretende Personen, wenn sie auf die BeanSidhe Ela’ra treffen. Schließlich glauben die genannten Völker, dass die BeanSidhe Verstorbene auf die Andere Seite begleiten, was mit der keltischen Mythologie übereinstimmt. Dort ist eine Banshee ein weiblicher Geist, der der Sage nach aus der Anderswelt in unsere Welt kommt, um durch sein Erscheinen den Tod einer Person anzukündigen, in deren Umfeld sie aufgetreten ist.
Im Roman erinnert die Beschreibung Ela’ras an eine Elfe. So hat sie absolut ebenmäßige Gesichtszüge, hervorstehende Wangenknochen, helle – fast weiße – Haut und schrägstehende smaragdfarbene Augen. Doch trotz der enormen Schönheit Ela’ras wagen es nicht alle, sie direkt anzusehen. Denn in den alten Mythen heißt es, dass man seine Seele verlieren würde, wenn man einer BeanSidhe in die Augen schaue …
Und zum Schluss haben wir dann doch noch ein kleines bisschen Antikenrezeption. Schließlich stammt der Name Elara aus der griechischen Mythologie, wo Elara eine Nymphe und Geliebte des Zeus ist. Eine weitere BeanSidhe, die kurz vor Ende des Buches in Erscheinung tritt, heißt Rhea, womit sie den Namen der Mutter des olympischen Zeus trägt. Gleichzeitig sind Elara (Jupiter) und Rhea (Saturn) Monde unseres Sonnensystems, womit wir wieder bei der Frage wären, ob die Benennung unserer Himmelskörper die Science Fiction nicht schon fast zwangsläufig ein wenig in Richtung antiker Mythologie lenkt. In einer ursprünglichen Version trug Adrian Volvor außerdem den Imperatorentitel, was jedoch in der neueren Version des Buches geändert wurde.
Photo: Michael Kleu
Weshalb schreibe ich so viel über dieses Buch, wenn sich die Antikenrezeption auf den vorherigen Abschnitt beschränkt? Zunächst einmal kann es nicht schaden, gelegentlich einen Blick über den Tellerrand hinauszuwerfen und daran zu erinnern, dass es in der Phantastik neben der Antikenrezeption natürlich auch eine Rezeption des Mittelalters, der frühen Neuzeit etc. gibt. Hinzu kommt, dass die oben erwähnten Aspekte der keltischen und der nordischen Mythologie – oder Vorformen von diesen – bei den entsprechenden Völkern theoretisch schon in der Antike vorhanden gewesen sein könnten, was aufgrund des Mangels an entsprechenden Zeugnissen natürlich schwer zu sagen ist. Ein weiterer Grund ist, dass die Autorin angedeutet hat, dass in den folgenden Bänden womöglich etwas mehr Antike vorkommen könnte als im ersten Teil der Reihe. Auch sei erwähnt, dass Cara D. Strange sehr freundlich und hilfreich auf meine Fragen zu ihrem Roman reagiert, was mir die Interpretation erheblich vereinfacht und aus wissenschaftlicher Sicht sehr spannend für mich ist, da ich so die Intention der Autorin wesentlich besser greifen kann als in vielen anderen Fällen. Ein letzter Grund ist, dass Frau Strange ein weiteres Element in ihre Geschichte einfließen lässt, mit dem ich mich hier auch immer wieder auseinandersetze: dem Mythos. Exemplarisch sei hierzu der Beginn des Buchs zitiert:
Am Anfang war die Ewigkeit … und die Dunkelheit.
Um in der Ewigkeit nicht allein zu sein, schufen die Menschen ihre Sagen und Geschichten, ihre Mythen und Legenden. Jedes Zeitalter hatte seinen eigenen Mythos, doch viele dieser Mythen gerieten mit der Zeit in Vergessenheit.
Ich war von Anfang an dabei. Ich habe die Dunkelheit gesehen. Ich sah Sonnen und Planeten entstehen und vergehen, Barbarei und Zivilisation aufblühen und untergehen. Ich sah Könige und Imperatoren den Thron besteigen und wieder gehen. Ich habe die Liebe und den Tod gesehen. Doch eines lernte ich zu verstehen: Im Fluge vergeht die Zeit und alles was uns bleibt, ist ein Augenblick voll Ewigkeit.
Frau Strange scheint übrigens sichtlich Spaß daran zu haben, historische Elemente in die Science Fiction einfließen zu lassen. In der folgenden Ausschreibungen sucht sie nach Autorinnen und Autoren zum Thema „Vikings of the Galaxy“. Ich denke, es ist deutlich geworden, dass wir diese Dame und ihre Werke im Auge behalten sollten.
Anmerkung:
Da meine Leserschaft durch meinen Beitrag dazu inspiriert werden könnte, das hier vorgestellte Buch zu kaufen, möchte ich kurz darauf hinweisen, dass sich ein paar Fehler (Tippfehler etc.) im Buch finden lassen. Wem beim Lesen ein einwandfreier Text wichtig ist, sollte daher zum E-Book greifen, für das wohl eine überarbeitete Version verwendet wurde. Ich nehme an, dass dies in den folgenden Auflagen des Buches korrigiert werden wird.
Cara D. Strange: Augenblick der Ewigkeit (Sha’an Chroniken der Ewigkeit 1), 1. Auflage, Art Skript Phantastik Verlag: Salach 2017. ISBN 978-3-945045-13-8
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